Nnoiz Papp – Metropolis
 

Nnoiz Papp – Metropolis
Eigenvertrieb / www.nnoiz.com (2010)
(11 Stücke, 55:54 Minuten Spielzeit)

Tobias Becker aka Nnoiz Papp legt im Jahr 2010 neben „Urban Deserts“ ein weiteres Album vor. Es heißt „Metropolis“ und trägt den Untertitel „A Virtual Soundtrack“. Während Tobias auf „Urban Deserts“ eher orientalischer Musik frönt, ist „Metropolis“ aus anderem Holz geschnitzt. Hier herrschen rhythmische und teils symphonische Elektroniksounds vor, die eher in die Ecke der elektronischen Musik einzuordnen sind. Unterschiedliche Stimmungen baut Tobias in den einzelnen Tracks auf. Mal sind es flächige und melodische Tracks, dann wieder, wie in „The Moloch Machine“ äußerst unterkühlte und technologisch wirkende, vom Rhythmus bestimmte Stücke. Mit „Urban Deserts“ hat diese Scheibe aber nichts gemein.

 


Gestartet wird mit „Intro Metropolis“, das recht sphärisch und mysteriös beginnt. Das klingt für mich unter anderem nach Spacemusik. Aber auch Effekte, die an Maschinen oder eine Maschinenfertigung erinnern, fügt Tobias seiner Musik hinzu. Das klingt äußerst authentisch und modern. Ob er die Musik tatsächlich zum Murnau-Film komponiert und geschnitten hat, kann ich mir bei diesen Sounds kaum vorstellen, denn sie klingen zu modern und futuristisch, während der Film ja aus heutiger Sicht recht antiquiert daher kommt. Aber wer weiß?

In dieses unterkühlte technologische Intro streut Tobias einige sehr schöne flächige Harmoniefolgen ein, die dem Track eine gewisse chillige, loungeartige Atmosphäre verleihen. Die Bezeichnung des weiten Tracks „Falling In Love“ hört sich nach einem romantischen, süßlichen Stück an. Allerdings hat Tobias ihn völlig anders angelegt, denn er klingt eher sphärisch und schwebend. Das hat mit menschlicher Liebe wenig zu tun, wird aber einer Liaison zwischen Mensch und Maschine durchaus gerecht.

Wie oben erwähnt ist „The Moloch Machine“ ein unterkühlter technologischer Track. Das klingt für mich nach Theatermusik, wenn es denn mit Musik bezeichnet werden kann, denn es werden zunächst Stimmungen erzeugt, die durch unergründliche Sounds und Effekte hervorgerufen werden. Nach etwas mehr als einer Minute ändert sich dieser mehr als fünfminütige Track und ein faszinierender Rhythmus schält sich aus dem Soundgewabe hervor. Jetzt beginnt der Track an Faszination zu gewinnen.

Im kurzen „Flight Of Metropolis“ kommen Tangerine Dream artige Soundgemälde zum Vorschein. Sakral, so wie auf einer Kirchenorgel gespielt, geht es bei „From Cathedral To The Catacombs“ zu. Hier wähnt sich der Hörer tatsächlich in einem großen Schiff einer Kathedrale. Sphärisch geht es bei „The Laboratory Of Rotwang“ zu, während es bei „Metarmophosis“ aus den Boxen flirrt und rauscht. Ein etwas verstörender Track.

Ein ganz anderes Bild zeichnet „Visions Of Yashiwara“, bei dem ich mich vom Rhythmus und auch von der Klangfarbe der Synthies im Umfeld des Yellow Magic Orchestras wieder finde. Der Rhythmus lässt aber tanzbare Strukturen erkennen und die Gliedmaßen wollen bei diesem Track unweigerlich mit.

Wieder recht technologisch klingt „Metrovolution“. Aber auch hier spendiert Tobias dem Track einen recht ungewöhnlichen Rhythmus, der ihn höchst spannungsgeladen macht. Das hier hauptsächlich rhythmische Elemente im Vordergrund stehen stört nicht weiter. „Burning Robot – The Battle“ ist wieder Soundtrack und Kopfkino pur. Die Sounds erinnern mich eher an einen alten schwarz/weiß Film in dem eine Spannung erzeugt werden soll. Das ist vor allem den hektischen Streichern geschuldet. Mit dem hymnischen „The End – Peace“ geht es dann etwas pompös aus dem Album.

Tobias Becker aka Nnoiz Papp legt mit „Metropolis – A Virtual Soundtrack“ ein gutes Elektronikalbum vor, das durch verschiedenste Stimmungen immer spannend bleibt. Dabei bewegt er sich im Gegensatz zu „Urban Deserts“, das den orientalischen Anstrich in den Vordergrund stellt, hier mehr im Elektronikstil der klassischen Art. Wer mal wieder neue Soundscapes, jenseits der üblichen Hörgewohnheiten erleben möchte, der bekommt hier ordentlich Futter für Ohren und Geist.

Stephan Schelle, Juni 2010

 
   

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