Michael Brückner - Hikari
 

Michael Brückner - Hikari

Eigenvertrieb (2016)
(
11 Stücke, 152:45 Minuten Spielzeit)

Der Mainzer Michael Brückner produziert, komponiert und spielt seit 1992 elektronische Musik in den unterschiedlichsten Variationen. Er gehört zu den umtriebigsten Musikern der Szene und kann auf unzählige Veröffentlichungen zurückblicken. Im ersten Halbjahr 2016 hat er gleich zwei CD-Produktionen an den Start gebracht. Eine davon ist die DoppelCD „Hikari“.

 

 


CD 1 besteht aus einer Suite („The Race“), die sich aus sechs einzelnen Stücken zusammensetzt, dem fast 36minütigen „Tigerlillie’s Travelogue –Wild Mix“ und der 13minütigen Improvisation „Sarkis“. CD 2 bietet das 27:21minütige „Light“, das gut 36minütige „Tigerlillie’s Travelogue –Disciplined Mix“ und die 12:18minütige Improvisation „Yasashi Yorokobi“.

Wie aus dem Booklet zu erfahren ist, hat Michael die „The Race“-Suite ursprünglich als Geburtstagsgeschenk im Jahr 2009 für Rick Chase, den er bereits 2006 über das Internet kennengelernt hat und der seine Musik supported hat und zu einem Freund wurde, komponiert und eingespielt. Anno 2016 haben nun auch alle anderen Freunde seiner Musik die Gelegenheit diese Suite zu hören.

Mit „The Race - Part 1“ startet die Suite. Zwar sind hier leichte Anleihen an die „Berliner Schule“ auszumachen, doch hat Michael seine ganz eigenen Klangfarben benutzt. Nach gut anderthalb Minuten zieht dann eine rhythmische Sequenz auf, die dem Titel ordentlich Drive verpasst. Nahtlos geht es dann in „Strange Twists At The Border Of Oiho Yawollag Part 1“ weiter. Leicht schräge, disharmonisch wirkende Klänge bieten ein schillerndes Bild und auch die Atmosphäre zeigt sich nun eher schwebend und teils experimentell. Stoische Flächen und eingestreute Klangtupfer wirken zunächst wie ein Echolot. Dann bildet sich daraus eine rhythmische Sequenz mit perlenden, leicht verschrobenen Synthieklängen. Das ist hochgradig spannend und lässt sich in keine Schublade packen. Hypnotisch wird der Rhythmus immer weiter angezogen. Dem folgt dann „Strange Twists At The Border Of Oiho Yawollag Part 2“, das sich ebenfalls von einer recht experimentellen Seite zeigt und wie eine Geräuschkulisse anmutet. In „Fixed Soon“ kommen dann flirrende, wabernde Synthiesounds auf, die recht psychedelisch und spacig wirken. Nach gut einer Minute schält sich dann aber ein Basslastiger Rhythmus heraus, der einfach klasse ist und mit einigen Harmonien versehen wird. Ein klasse Track. Den Abschluss bildet dann „The Race – Part 2“, das nach einem experimentellen Beginn rhythmische und harmonische Strukturen aufweist.

„Tigerlillie’s Travelogue –Wild Mix“ beginnt mit ungewöhnlichen Klängen und Chören. Nach nicht ganz einer Minute wird es dann aber hymnisch und symphonisch mit einem leichten asiatischen Touch. Herrliche Harmonien durchziehen ab jetzt den Raum. Nach einigen Momenten kommen rhythmische Parts auf, die für eine Unterbrechung sorgen um dann in einen weiteren harmonischen Part überzuleiten. Und so entwickelt sich dieses Stück immer weiter, in dem es sanfte, verträumte und dann wieder fast ekstatische Parts bietet. So hält es Michael über die volle Länge hochgradig spannend.

Die erste CD endet mit der Improvisation „Sarkis“. Schwebende, flächige Harmonien sind zu hören, die nach einigen Momenten durch Rhythmusmuster unterlegt werden. Sanft schreitet das Stück zunächst so dahin und man wird von den Klängen umschmeichelt, denn man kann hier die Gedanken fliegen lassen. Nach nicht ganz zwei Minuten wird es druckvoller und dynamischer, denn der Sound nimmt, immer wieder durch fette Synthiebässe, die Michael einstreut an Kraft zu und gewinnt damit an Volumen. Dem setzt er wirklich wunderbare Harmonien entgegen, so dass der Zuhörer in eine hypnotische Stimmung versetzt wird. Eine tolle Improvisation, die Michael immer weiter steigert.

CD 2 startet mit „Light“, das zunächst schwebend und spacig beginnt. Es dauert mehr als fünf Minuten bis sich langsam aus dem Off rhythmische Sequenzersounds nach vorne arbeiten und einige Minuten für etwas mehr Drive sorgen. Überwiegend hat Michael aber eher schwebende, relaxte Flächen in den Fokus des Stückes gestellt.

„Tigerlillie’s Travelogue –Disciplined Mix“ nimmt den Track von Seite eins erneut auf, zeigt sich aber in dieser Version von einer Seite, die noch mehr in der traditionellen Elektronikmusik verhaftet ist. Durch den noch stärkeren Harmonieanteil gefällt mir dieser Mix noch besser. Mit der Improvisation „Yasashi Yorokobi“, das auch wieder einige asiatische Klangfarben bereithält, endet dann die CD sehr atmosphärisch und relaxt mit wunderschönen Harmonien, die einen aus der Realität beamen.

Es ist erstaunlich mit welcher Qualität der große Output Michael Brückner’s Veröffentlichungen behaftet ist. Auch „Hikari“ ist ein außergewöhnliches Album, das verschiedene Stilistiken aufweist und doch sehr authentisch klingt. Sehr empfehlenswert.

Stephan Schelle, Juli 2016

 
   

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