Mario Schönwälder – The Eye Of The Chameleon Der Berliner Mario Schönwälder ist seit den 90’er Jahre eine feste Größe in der elektronischen Musik. Schon in den 80’er Jahren hat er damit angefangen sich mit der Herstellung elektronischer Klänge zu befassen. Was zunächst mit dem ebenfalls aus Berlin stammenden Bernd Kistenmacher begann, entwickelte sich später zu zahlreichen Veröffentlichungen die er Solo sowie in den Formationen Nightworkers, Keller & Schönwälder, Broekhuis, Keller & Schönwälder, Filter-Kaffee, Fanger & Schönwälder herausbrachte und auch zu Liveauftritten führte. Mario gründete 1992 das Label Manikin Records auf dem er nicht nur seine eigenen Produktionen veröffentlicht, sondern auch andere Künstler (herausragend die Boxen von Klaus Schulze, die er vermarktete). |
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Die
Entstehung des Albums war auch Teil meiner Mario Schönwälder-Story, die
ich 2004 geschrieben habe. Hier ein Auszug daraus: Am
10.05.1988 wurde die Kuppel des Zeiss-Planetariums in Berlin durch einen
Brand schwer beschädigt. Monatelang dauerten die Renovierungsarbeiten. Dem
Planetarium, das sich hauptsächlich durch seine Veranstaltungen finanziert,
entgingen dadurch wichtige Einnahmen. Man rief die Mitglieder des Fördervereins
auf, zu spenden. Auch Mario Schönwälder und Bernd Kistenmacher trugen
ihren Beitrag dazu bei, in dem sie zur Wiedereröffnung des Planetariums am
07. und 08.01.1989 zwei Konzerte in dem renovierten Kuppelsaal gaben. Die
kompletten Einnahmen aus den Eintrittsgeldern stellten zur Verfügung. Beide
Musiker spielten einen eigenen Set, der jeweils ca. eine Stunde dauerte. Mario spielte die Stücke „The Voyage Set I (From The
Sun …)“ und „The Voyage Set II (… To
The Earth)“. Der zweite Set wurde von ihm noch im gleichen Jahr auf seinem
Soloalbum „The Eye Of The Chameleon“ veröffentlicht. Bernd’s Set
bestand aus dem 60minütigem Stück „Ferne Ziele“. Das zweite Konzert
(am 08.01.1989) wurde vom Sender Freies Berlin für die Sendung New Age
Music, die von Matthias Diestel moderiert wurde, mitgeschnitten und
ausgestrahlt. Bernd
Kistenmacher hat bereits ein eigens Label mit dem Namen Timeless Sounds.
1988 nennt er dieses in Musique Intemporelle um und veröffentlicht neben
eigenen Produktionen auch Mario’s erste Solo-CD mit dem Titel „The Eye
Of The Chameleon“. Die Produktion erscheint im gleichen Jahr auch in einer
limitierten Auflage von 50 Stück auf Kassette. Die Kassette hat er extra für
die Freunde seiner Musik in Polen und der DDR herausgebracht, weil es dort
damals noch keine CD-Player gab. Mario heute über die CD: „Bei der ersten
CD denkt man nicht nach. Man spielt, nimmt auf und ist euphorisch
begeistert. Viele sagen, es wäre noch heute gerade deshalb meine Beste
CD.“ Die
Grundstimmung der Musik auf „The Eye Of The Chameleon“ ist schon etwas düster
bzw. melancholisch. Auch das Mario das Stück „Earthtime“ einem
verstorbenem Freund widmet, zeugt von einer gewissen Melancholie. Bernd
Kistenmacher schilderte in einer Presseinfo Mario mit der Bezeichnung:
„Der pessimistische Optimist”. Auf die Frage, ob er - abgeleitet von
seiner etwas melancholischen Spielweise - pessimistisch in die Zukunft
blickt, antwortet er 1993 in einem Interview: „Das hat bei mir weniger mit
Pessimismus zu tun. Es ist einfach das Nachdenken über viele Dinge. Da ich
ein Mensch bin, der denkend eingestellt ist, kann ich daran nicht vorbei
gehen. Ich kann nicht Musik über grüne Bäume machen, wenn die Bäume nur
noch kahle Stümpfe sind und die Sterne wegen einer Dunstglocke unsichtbar
bleiben. Darum fange ich an, mir Gedanken zu machen und sage den Menschen,
dass es so nicht weitergehen kann - ohne dass ich die ideale Lösung
kenne.” Auf
die Frage, was ihn zu seinen Stücken inspiriert, meint er: „Alles.
Menschen, Worte, Gesehenes, Gehörtes. Alles, was ich mit meinen Sinnen
aufnehmen kann.“ Seine
erste Solo-CD findet Gefallen bei den Hörern der Radiosendung Schwingungen,
denn Mario landet in der Kategorie „Bestes Album” auf Platz 17, wird als
„Bester Künstler” auf Rang 20 gewählt und als „Bester Newcomer”
belegt er sogar den 2. Platz. Fünf
Stücke, deren Laufzeiten alle über der 10-Minuten-Marke liegen, finden
sich auf dem Debütalbum. Die Stücke sind im Stil der „Berliner Schule“
und hier im Besonderen von Klaus Schulzes Musik gehalten. Das zeigt sich
auch schon auf dem 12:28minütigen Opener „Behind The Mental Wall“. Hier
sind es Sequenzerrhythmen, Flächen und vorbeiziehende und auch zirpende Klänge,
die den Unterboden für die Harmonien und Melodielinien bilden, die Mario
darauf setzt. Ein sehr schöner Track, der alles andere als pessimistisch
klingt und schon seine Handschrift zeigt, die er später noch
weiterentwickeln wird. Das
10:29minütige „Earthtime“ ist dann einem verstorbenen Freund gewidmet.
Sehr besinnlich startet Mario in diesen Track, der durch seine Sounds und
seine repetitive Form eine melancholische Ausstrahlung besitzt. Das Titelstück
bringt es dann auf 18:52 Minuten Spielzeit. Sehr ruhig, fast schon
spaceartig/besinnlich beginnt dieser Track, der dann nach mehr als drei
Minuten mit perlenden Sounds eine herrliche helle Klangfarbe bekommt. Daraus
entwickelt sich dann eine Melodie/Harmonie mit eingestreuten Effekten, die
stark an die Musik eines Klaus Schulze erinnert. Die
beiden Parts von „The Voyage Set II“ wurden ans Ende des Silberlings
gesetzt. Part 1 ist 18:55 Minuten lang. Auch hier ist die „Berliner
Schule“ auszumachen und ist eine Mixtur aus Schulze und frühen Tangerine
Dream mit eigenen Elementen. Es beginnt mystisch, entwickelt sich im Verlauf
aber zu einem sehr rhythmischen Track. Der zweite, 10:39minütige Part ist
dann wesentlich spaciger und ohne Rhythmik angelegt. Mario legt hier einige
Harmonien und Melodiebögen auf flächige Sounds, die sich langsam verändern. Endlich
ist die Debüt-CD von Mario Schönwälder mit dem Titel „The Eye Of The
Chameleon“ wieder erhältlich. Dies ist dem deutschen Label MIG music zu
verdanken, dass sich in der letzten Zeit um die Wiederveröffentlichung von
Perlen der elektronischen Musik verdient macht. Stephan Schelle, August 2023 |
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