Manuel Göttsching - Die Mulde, Concert For Murnau und E2 - E4 Live
 

Manuel Göttsching – Die Mulde
Manuel Göttsching – Concert For Murnau
Manuel Göttsching – E2-E4 Live
MG Art (2005)

Manuel Göttsching dürfte vielen Musikfreunden durch seine Projekte Ash Ra Tempel und Ashra bekannt sein, die vor allem durch sein markantes Gitarrenspiel hervorstechen. Aber auch unter seinem eigenen Namen bringt Manuel seit vielen Jahren Alben heraus. Hier kann er dann eine andere - eher elektronische - Seite seines musikalischen Gesichtes zeigen. Im Jahr 2005 sind drei Alben auf dem eigenen MG Art-Label erschienen, die ich hier näher beleuchten will.

„Die Mulde“ ist eine über 72minütige CD, deren Hauptteil aus dem 40minütigen Titelstück, das in vier Tracks unterteilt ist, besteht. Aufgenommen wurde die Musik bei einem Konzert, die Manuel am 06.09.1997 in der Denkmalschmiede Höfgen im Rahmen eines Kunstprojektes aufgeführt hat. In der Nähe des Flusses Mulde hatte Mercedes Engelhardt eine Installation von 34 Spiegeln angebracht. Zu diesem imposanten Werk lieferte Manuel seine aus vier Teilen bestehende Suite. Bereits im Jahr 2002 erschien dieser Auftritt auf VHS-Kassette, die Musik wurde in 2005 völlig neu im Studio von Manuel abgemischt und liegt jetzt als CD vor. Wie der Sound zu einem landenden UFO startet Part 1 „Schöpferische Stille“, das mit knapp drei Minuten der kürzeste Track des Titelstücks ist. Dann kombiniert Manuel beim folgenden „Die Mulde“ diesen Sound mit Phrasen aus sanften Flächen, die sich zu langsamen Melodielinien formen und in einen rhythmischeren Teil übergehen. Den Übergang zu „Die Spiegel“ bildet ein Rhythmusloop, der die Grundlage für diesen Teil darstellt, der sich durch leichte Veränderungen entwickelt. Bis auf das Ende dieses Teils, das durch sehr schöne Rhythmussounds glänzt, ist dieser Teil für meinen Geschmack etwas zu eintönig. Diesen Rhythmus nimmt er dann mit in den nächsten Track „Zerfluss“ rüber, der dann einen industriellen Touch annimmt und dadurch den Hörer in eine Art Trance versetzt. Tolles Teil. Manuel spielt im gesamten Track mit unterschiedlichen Effekten, der Lautstärke, setzt unterschiedliche Rhythmen ein und hält so über die Länge des Stückes die Spannung aufrecht. Als weiteren Titel hat Manuel den Ambienttrack „HP Little Cry“ dem Silberling spendiert. Dieser Track basiert auf einem bereits in den 80’er Jahren entstandenen Stück, das Manuel im Jahr 2004 um eine Gitarrenaufnahme anreicherte, so dass ein neuer, bisher unveröffentlichter Track entstand. Auf der recht monotonen Grundfläche spielt Manuel eine recht experimentell angelegte Gitarre.

Für das Braunschweiger Filmfest 2003 lieferte Manuel einen besonderen Beitrag. Zu dem fast vergessenen frühen Stummfilm „Schloss Vogelöd“ des Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau (Wer kennt nicht sein Meisterwerk „Nosferatu“?) komponierte Manuel eine neue Musik. Die Musik, die am 31.10. und 01.11.2003 live aufgeführt wurde, spielte er nicht allein ein, vielmehr unterstützten ihn fünf Musiker des Staatsorchesters Braunschweig an Violine, Cello und Horn. Diese Kombination macht schon deutlich, dass es sich bei dem Album nicht um ein rein elektronisches Werk handelt. Die zwölf Tracks wurden von Manuel im Jahr 2005 abgemischt. Sie liegen stilistisch irgendwo zwischen Kammermusik, Ambient und traditioneller Elektronik. Zwölf Stücke zwischen 0:37 und 9:53 Minuten Spielzeit bietet diese CD. Sechs Tracks sind der klassischen Musik zuzuordnen, bei denen die klassischen Instrumente vorherrschen. Die „Ouvertüre“ startet beispielsweise mit Horn- und Cello-Klängen recht untypisch für ein Göttsching Werk. „Der Abend“, „Double Or Quits“ und „Demaskierung“ bilden einen Mix aus Klassik und Elektronik und die restlichen drei Songs sind typische Göttsching Tracks. Das zweite Stück „The Party“, bei dem ein guter Rhythmus zu einer tollen Melodie gespielt wird, geht gleich in Richtung „Berliner Schule“, allerdings in einer sehr schwungvollen Art und Weise. Auch „High Noon“, das neben „The Party“ zu den Highlights der CD gehört, zeigt einen elektronischen Göttsching, der hier sogar Popelemente mit orientalischen Streicher-Elementen verbindet. Eine tolle Kombination, wie ich finde. „Saint And Sinner“ bietet schließlich eine Art Loungemusik. Hier halte ich eine CD in der Hand, die zwei Welten, nämlich die Klassik- und die Elektronikmusik oder auch die E- mit der U-Musik verbindet. Allein die drei Elektroniktitel lohnen die Anschaffung.

Auf der dritten CD befindet sich eine 21minütige Liveaufnahme von Manuels 84’er Album „E2-E4“. Das international renommierte Ensemble Zeitkratzer unterstützt von Manuel an der Akustikgitarre führte „E2 - E4“ am 25.03.2005 an der Volksbühne in Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz live auf. Das komplette Konzert dauerte ca. 70 Minuten. Kurz vor Weihnachten 2005 erschien hieraus ein 21minüter Ausschnitt als Appetithappen, denn das komplette Konzert wird voraussichtlich in 2006 auf DVD erscheinen. Das Ensemble, in dem neben Streichinstrumenten und Klavier auch Blasinstrumente gespielt werden, schafft es, die Magie von Manuels Werk einzufangen und in einer hypnotischen Version, die sofort gefangen nimmt, zu interpretieren. Eine tolle Interpretation und ein klasse Silberling, den man sich als Elektronikfreund unbedingt anschaffen sollte. Bleibt zu hoffen, dass die DVD nicht so lange auch sich warten lässt.

Stephan Schelle, Januar 2006

 
   

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