Klangwelt – Here And Why Der deutsche Elektronikmusiker Gerald Arend veröffentlichte unter seinem Pseudonym Klangwelt im Jahr 2002 sein Debütalbum „Weltweit“. Am 21.10.2022 erscheint nun sein fünftes Album „Here And Why“ als Nachfolger des 2018’er Werkes „The Incident“. Die Musik von Klangwelt ist bestimmt von einem hervorragenden Sounddesign und melodischer Elektronikmusik. Da ist es auch kein Wunder, dass Stücke von „The Incident“ in Amerika ausgiebig im Radio gespielt wurden. |
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Stilistisch
tauchen bei Geralds Stücken auch immer mal wieder Elemente auf, die an
Jean-Michel Jarre erinnern. Und das ist auch auf dem neuen Album der Fall,
das in einem vierseitigen Digipak erscheint und ein Dutzend Stücke mit
Laufzeiten von 4:44 bis neun Minuten Spielzeit enthält und damit wieder mal
die Kapazität der CD voll ausreizt. Gerald hat aber kein Füllmaterial auf
dem Silberling, vielmehr strotzt das Album wieder voller sehr gut
auskomponierten und klanglich auf hohem Niveau gehaltenen Stücken. Aufgrund
von Sounds, Melodik und eingeflochtenen Samples rangieren die Stücke dabei
zwischen traditioneller Elektronik und Progressiverock (in dem ja auch die
Tasteninstrumente oft dominant zu Werke gehen). Gestartet
wird mit dem 6:31minütigen „Propaganda“. Langsam kommen hier aus dem
Off einige Klangtupfer, die sich in Samples aus marschierenden Schritten,
Sirenen, Hubschraubergeräuschen und Hundegebell mischen. Dann kommt eine
recht melancholische Pianomelodie auf. Gerald zeichnet damit musikalisch ein
Bild, dass uns alle in diesen Zeiten von Krisen und Kriegen bewegt.
Akzentuierte Klänge und Samples von gesprochenen Texten unterstützen die
Stimmung. Der Track wirkt auf eine gewisse Weise bedrückend, allerdings
auch hochgradig spannend und nimmt nach etwas mehr als vier Minuten Fahrt
auf. Hier sorgen dann Rhythmus und Klänge für eine proggige Atmo, die an
Pink Floyd & Co. denken lassen. Mit
dem 8:04minütigen „Cold War Child“ geht es fast nahtlos weiter. Flächige
Sounds eröffnen dieses Stück, die nach wenigen Momenten durch pulsierende
Sequenzerrhythmen einen unwiderstehlichen Beat bekommen und doch eine
leichte Dramatik ausstrahlen. Auch in dieses Stück hat Gerald Sprachsamples
eingebaut. Das
6:26minütige „Corium“ wird von Sounds eingeleitet, bei denen vor dem
geistigen Auge eine fremde Welt mit Urwaldlandschaften auftaucht. Das hat
was von einem Science Fiction-Soundtrack. Nach ca. einer Minute schält sich
dann aber langsam eine Melodielinie heraus, die von perlenden Klaviermotiven
bestimmt wird. Diese unterlegt Gerald dann mit herrlichen Mellotron-Chören
und akzentuierter Rhythmik. Hier kommen dann auch erstmals Sounds auf, die
ein wenig an Jarre erinnern. Rhythmisch
geht es dann im sechsminütigen „Futurist“ weiter. Dieser Track erinnert
am ehesten an die rhythmische Phase von Jarre und bietet herrliche
Sequenzen. Ein toller Track, der jedem Jarre-Fan gefallen wird. Das 6:25minütige
„Noir“ bietet perlende Synthklänge und Sequenzen, die ebenfalls in
Richtung Jarre weisen, aber genug eigene Handschrift tragen. Das
5:34minütige „Information“, das mit einer Rhythmik beginnt, die an
einen Fernschreiber erinnert, geht dann mehr in Richtung Synthpop und
Kraftwerksound. Hier setzt Gerald als weiteres Stilmittel Vocodergesang ein.
Schillerartige Klänge kommen dann zu Beginn des 6:06minütigen „Escape“
auf. Gerald wechselt aber nach diesem Intro in seinen eigenen Modus, der
rhythmische Elemente mit Harmonie- und Melodietupfern verbindet. Dazu kommen
wieder Geräuschsamples, die eine besondere Stimmung erzeugen. Im Verlauf
des Stückes wird es dann dynamischer und melodischer. Das
neunminütige „Attic“ beginnt dann mit einer sehr melancholischen
Pianomelodie und entwickelt sich weiter zu einem sehr besinnlichen Stück,
das auch wieder einige Jarre-Momente aufweist. Ab Mitte des Stückes wird es
dann rhythmischer und kraftvoller ohne die besinnliche Stimmung zu
verlieren. Das 6:33minütige „Muse“ vermischt elektronische Klänge mit
atmosphärischen Gitarrensounds sowie Gesangssamples, die ein wenig an die
irische Sängerin Enya erinnern. Ein atmosphärisch dichter Track. Im
fünfminütigen „Ago“ erinnern die Sounds dann an den leider in diesem
Jahr verstorbenen Griechen Evangelos Odysseas Papathanassiou, der Vielen
besser als Vangelis bekannt ist. Eine sehr schöne Hommage an den
wegweisenden Musiker. Mit dem 7:17minütigen „An Explanation Of Life“
endet dann das Album. Hier hat Gerald erneut den Sound von Jarre aufgenommen
und ihn in seiner ganz eigenen musikalischen Handschrift fortgeführt. Dabei
hat er einige ethnisch wirkende Gesänge in den Track eingebaut, was
hervorragend funktioniert und dem Sound eine weitere Ebene öffnet. Gerald
Arend hat sich auf seinem neuesten Album „Here And Why“ von der
Artenvielfalt europäischer Elektronikmusik inspirieren lassen. Diese
Stilistik hat er aufgenommen und mit seiner ganz eigenen Handschrift
versehen. Dabei geht er in den Stücken sehr harmonisch und melodisch vor
und hat sie mit einem sehr guten Klangdesign ausgestattet. Das zusammen
macht den Reiz und die Qualität dieses neuen Albums aus. Stephan Schelle, Oktober 2022 |
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