Kellerkind Berlin – Sun And Snow … And Other
Things Kellerkind Berlin, das ist das Pseudonym des in Berlin lebenden Elektronikmusikers Christian Gorsky. Den Namen hat er sich gegeben, da er in den frühen Jahren, in denen er in Berlin bei seinen Eltern lebte, anfing im Heizungskeller Musik zu machen. Seine Inspirationsquellen finden sich in so großen Namen wie Tangerine Dream, Robert Schroeder, Andreas Vollenweider und Jeff Wayne’s Album „War Of The Worlds“. Nach dem 2017’er Album „Colorful Thoughts“ flatterte mir kürzlich seine neue CD mit dem Titel „Sun And Snow … And Other Things“ ins Haus. |
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Die
CD startet mit dem 6:24minütigen Stück „From 1982 To 2019“. Dieses Stück
ist eine Neuinterpretation des Bonustracks der CD mit dem Titel „Early
Tape 1982“. Während der letzte Track recht roh klingt und klanglich
deutlich in den 80’er Jahren (Zeitalter von frühen Computern) verortet
ist, hat Christian den Track im Opener einer Frischzellenkur unterworfen. Es
ist schön, die beiden Versionen und ihre unterschiedliche Klangqualität zu
hören. Das Stück beginnt zunächst flächig, auf die sich dann eine
Basslinie sowie eine Melodie setzen. Das klingt locker und leicht. Nach
anderthalb Minuten wechseln dann die Melodieführung und der Sound, was dem
Stück mehr Drive verleiht. Christian geht dabei sehr melodisch zu Werke.
Vor allem die Parts, in denen eine Art Akustikgitarrenklang verwendet wird,
begeistern. Zum
Bonustrack „Early Tapes 1982“ schreibt Christian im Booklet: Der
Bonustrack ist ein Original aus dem Heizungskeller in Berlin … anno 1982.
Mit „höchst präziser“ Aufnahmetechnik: zwei baugleiche Tapedecks,
viele Kabel und einem Casio CZ-3000. Alles live nacheinander aufgenommen …
gruselige Qualität. Mit „From 1982 to 2019“ ist der damals entstandene
Track in die Neuzeit geholt und mit der heutigen Technik aufgenommen worden.
Den Casio CZ-3000 verwende ich noch immer … Dem
folgt dann das fast neunminütige „Sun And Snow“. Die perlenden Klänge,
mit denen der Track beginnt wirken wie sich reflektierende Sonnenstrahlen
auf gleißendem Schnee. Ein leicht pumpender Rhythmus und Synthiechöre
sowie einsetzende programmierte Drums führen zu einer Melodielinie hin. Bei
diesem Stück kann ich mir gut vorstellen durch eine tief verschneite
Winterlandschaft zu stapfen. Zum
nächsten Stück schreibt Christian in der CD: „Zu Besuch bei
Freunden“ kommt durch einen tatsächlichen Besuch bei lieben Freunden
zustande und zudem durch die Verwendung von schon einmal verwendeten
Arpeggios … Der 7:34minütige Track zeigt sich von seiner rhythmischen
Seite und mit schönen Sequenzerparts. Ein klasse Stück bei dem Christian
mehrere rhythmische Elemente aufeinander geschichtet hat. Die
„Kleine Spielerei“ hat mir zum zweiten Platz bei dem „Der eigene
Weg“ der Schallwelle-Awards verholfen, also darf dieser Track hier nicht
fehlen.
Diese Spielerei bringt es aber immerhin auf satte 10:56 Minuten und ist
damit der längste Track des Albums. Das Stück bietet einige technoartige
Rhythmen, die aber eher sanft angelegt sind. Auch Klangfarben, die an
Tangerine Dream erinnern sind darin auszumachen. Während der Rhythmus
stoisch voranschreitet, setzt Christian einige Harmonien und Melodielinien
darauf. Auch Streichersounds, die dem Ganzen einen hymnischen Charakter
verleihen, hat er mit eingebaut. Das hat insgesamt eine hypnotische
Ausstrahlung. Sounds,
die an Robert Schroeders Musik erinnern, finden sich dann im Stück
„Tense“. Christian bietet hier Schlagzeugrhythmen aus dem Drumcomputer
auf die er dann seine Melodie spielt. Mit
ambienten Klangmustern startet das 7:42minütige Stück „Coincidence“.
Nach etwa zwei Minuten kommt dann aber ein Rhythmus auf, der sich über die
ambienten Flächen legt und um einige Harmonien ergänzt wird. Darauf
platziert Christian einen melancholisch/romantischen Pianopart. Auch ein
Gitarrensolo ist auszumachen. Ein sanfter und ruhiger Track. Der
offizielle Teil der CD schließt dann mit dem siebenminütigen „Zeilen aus
einem Buch“. Christian dazu: Das letzte Stück „Zeilen aus einem
Buch“ ist ein mit Klang unterlegter, von mir gesprochener Text aus dem
Buch „Johannes“ von Heinz Körner. Diese Zeilen begleiten mich seit
meiner späten Jugend und rühren mich immer wieder an. Das Blättern
von Seiten und ein Herzschlagartiger Rhythmus bieten zu Beginn eine
intensive Atmosphäre auf die dann der eindringliche Text von Heinz Körner
gesetzt wird. Ein außergewöhnliches Stück, das durch Text und die zunächst
eher zurückhaltenden Klänge für eine intime Stimmung sorgt. Dann werden
die Flächen lauter, so dass man sich schon auf den Text konzentrieren muss
um ihn zu verstehen. Das
neue Album auf CD von Kellerkind Berlin bietet wieder einige
unterschiedliche Stücke die insgesamt aber sehr stimmig sind. Ein
lohnenswertes Album, bei dem vor allem die Stücke „Zu Besuch bei
Freunden“, „Kleine Spielerei“ und „Zeilen aus einem Buch“
herausstechen. Stephan Schelle, Oktober 2019 |
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