John Kerr – Embracing The Inevitable Für alle Freunde der elektronischen Musik kam es am 30.12.2015 überraschender Weise zu einem Konzert von Ron Boots zusammen mit John Kerr, der bis dahin gut 20 Jahre seine musikalischen Aktivitäten ad acta gelegt hatte. Nach einem weiteren Auftritt und einer StudioCD, die Kerr zusammen mit Ron Boots veröffentlichte, erscheint im Herbst 2016 ein Sololalbum des britischstämmigen Elektronikmusikers unter dem Titel „Embracing The Inevitable“. |
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Unterteilt
ist das Werk in die beiden Parts „The Embrace“, das den 34minütigen
Track „Confrontation, Realisation And Acceptance“ beinhaltet und „The
Inevitable“, das aus vier Tracks besteht. Thematisch beschäftigen sich
die Stücke mit den negativen Situationen, die das Leben mit sich bringt
sowie der Fokussierung auf die positiven Dinge im Leben. Langsam
anschwellende Flächen werden zu Beginn von „Confrontation, Realisation
And Acceptance“ mit Sounds, die an ein Stimmengewirr erinnern, kombiniert.
In diesem Stück thematisiert Kerr, die Stimmungen, die einen treffen, wenn
man mit einer negativen Situation wie einer schweren Krankheit konfrontiert
wird, diese für sich realisiert und schließlich akzeptiert, weil man keine
andere Wahl hat. Die Flächen ziehen durch den Äther und werden von Molltönen
bestimmt, die eine gewisse Melancholie erzeugen, was dem Titel entsprechend
angebracht ist. Nach etwas mehr als vier Minuten kommt eine weitere
Synthiestimme auf, die diese Stimmung unterstützt. Eine sanfte Melodie
bestimmt nun das Bild. Wenn man sich nicht der Ernsthaftigkeit des Titels
gewiss wäre, könnte man sich gut in diese Klangkomposition fallen lassen.
Im Verlauf steigert Kerr die Dynamik dieses Stückes, ohne die
melancholischen Parts zurückzufahren. Die Musik wirkt dabei wie ein sanfter
Soundtrack. Nach 15 Minuten kommen dann auch die für Kerr typischen
Pianopassagen auf. Ein typisches Kerr-Stück, so wie es die Freunde seiner
Musik lieben. Zum Ende hin wird das Stück wieder von sanften Flächen
bestimmt. „The
Inevitable“, dessen vier Stücke nahtlos ineinander übergehen, beginnt
mit dem fast 13minütigen Stück „What’s Mine Is Yours“. Es zeugt
davon, das John in diesem Part die Situation vertont hat, wie wichtig es in
diesen Momenten ist, alles mit seinem Partner zu teilen. Mit typischen
Klavierklängen beginnt dieses Stück um nach knapp einer Minute in einen dröhnenden,
basslastigen Synthiesound zu münden, der fast eine Minute anhält. Darauf
folgt eine hymnische Melodie, die er auf diese immer noch dröhnenden
Klangwolken legt. Zusätzlich kommen nach einigen Minuten auch die Klavierklänge
wieder mit hinzu und verstärken diesen hymnischen, orchestralen Sound. Dem
schließt sich dann das nicht ganz dreiminütige „Let’s Go Have A Party
Man!“ an. Dieses beginnt wie eine Feier mit lauten Stimmen und einer
Stimme, die den Titel ausspricht. Dann setzt ein pumpender Beat ein und es
folgt ein für John recht unüblicher Track, der nur so vor Lebensfreude sprüht. Dieser
Rhythmus und die Stimmen werden dann in den nächsten Track „Return To
Reality“ übernommen und in ein wieder sehr melancholisches,
sehnsuchtsvolles Stück überführt. Durch die Klangfarben hat es an einigen
Stellen fast so etwas von einem Schlaflied für Kinder. Es drückt aus,
welche Achterbahnfahrt an Gefühlen jemand durchmacht, der an einer
Krankheit leidet deren Gesundung aufzukommen scheint, um dann später zu
merken, dass sie nicht besiegt ist. Der
letzte, elfminütige Track heißt „Repetition And Enhancement“. Dieses
ist zugleich ein melancholischer, wie versöhnlicher Track. Während dieser
im ersten Teil aus typischem John Kerr-Stil besteht, wird er nach etwa vier
Minuten sehr leise und ambient. Hoffnung macht, dass das Stimmungsvolle Bild
des Covers von John selbst als Sonnenaufgang und nicht als Sonnenuntergang
bezeichnet wird. Mit
„Embracing The Inevitable“ hat John Kerr in der Tat ein sehr persönliches
und emotionales Album geschaffen (erkennt man an den Titeln der Stücke). Lässt
man die Thematik beiseite kann man sich in den melancholischen Sounds
verlieren. Hat man die Thematik vor Augen, kann man mit John mitfühlen. Ich
wünsche mir, dass es nicht sein letztes Album ist und er seinen Lebensmut
behält. Stephan Schelle, Oktober 2016 |
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