Blanko
 

Gandalf & Friends – Live In Vienna
Prudence (2008)
(CD 12 Stücke, 67:18 Minuten Spielzeit,
DVD 14 Stücke + Bonusmaterial, ca. 90 Minuten Spielzeit)

Im Herbst 2008 präsentiert das auf World-, Ambient- und Elektronikmusik spezialisierte Label Prudence einen absoluten Leckerbissen nicht nur für Freunde dieser Musikrichtung. Am 16. März 2001 gab der Österreichische Instrumentalvirtuose Gandalf anlässlich seines 20jährigen Bühnenjubiläums ein Konzert in Wien. Jetzt endlich, sieben Jahre nach diesem denkwürdigen Gig, erscheint ein Livemitschnitt auf CD. Das Besondere daran ist aber, dass diese CD als Bonus eine DVD enthält, auf der sich nicht nur das Konzert in Ton und Bild wiederfindet, sondern auch noch einige Extras wie zwei Tracks von einem Konzert in Zell am See aus dem Jahr 2000, einem PromoClip und einem Interview mit Gandalf, das wahlweise in englisch oder deutsch abgespielt werden kann, enthalten sind.
 

 

 

Gandalf ist bei seinen Studioproduktionen zum größten Teil ein Einzelkämpfer, spielt er doch alle bzw. die meisten Instrumente selbst ein. Bei den Konzerten Anfang dieses Jahrtausends hat er sich aber von zahlreichen Musikern unterstützen lassen. Darunter finden sich so bekannte Namen wie Wolfgang Ambros, Georg Danzer (leider schon viel zu früh verstorben), Richard Schönherz, Andy Baum, Robert Julian Horky und der ex-Genesis Gitarrist Steve Hackett. Darüber hinaus hat Gandalf seinen Sohn Christian ebenfalls mit an Bord, der an Schlagzeug und Perkussion für den nötigen Drive sorgt. Schon dieses Lineup zeugt davon, dass wir es bei dieser Veröffentlichung mit einem Zeitdokument und Meilenstein der Instrumentalmusik zu tun haben, das weit über die Grenzen der Elektronikmusik hinausreicht.

Der Hauptteil der Tracks ist instrumental, aber mit „I Am Here“, „Die Ruhe vor dem Sturm“ (ein Song von und mit Georg Danzer), dem Gandalf seinen Stempel aufrückt und „Teuflische Verbindung“ aus der Feder von Richard Schönherz finden sich auch einige gesungene Stücke auf dem Album. „Teuflische Verbindung“ ist ein musikalisches Zeitdokument, zeigt es doch (vor allem auf der DVD) Wolfgang Ambros und Georg Danzer, der bei diesem Stück den Backgroundgesang übernimmt, zusammen auf der Bühne. Dadurch, dass Gandalf nicht allein agiert, versprüht die Performance einen gewissen Bandcharakter, was sich auch im Klang widerspiegelt und besonders auf der DVD (im Bild) zur Geltung kommt. Die Liveatmosphäre kommt auf der CD gut rüber. Und die Stücke, die sich aus den verschiedenen Schaffensperioden Gandalf’s zusammensetzen, wurden ansprechend arrangiert und durch die Musiker umgesetzt.

Im zehnminüter "Colours Of The Earth" glänzt Peter Aschenbrenner durch sein extatisches Querflötenspiel, bei dem er seine Stimme ins Spiel mit einbezieht. Das neuneinhalbminütige „The Keeper Of The Old Forest“ vermittelt mit seiner Instrumentierung unter anderem aus Sitar, Violine und Perkussion ein streckenweise sehr asiatisch/orientalisches Flair. Und „Face In The Mirror“ vom 92’er Album „Gallery Of Dreams“, das neben „Stones Of Wisdom“ zu meinen Lieblingsalben von Gandalf zählt, hat einen rockig/proggigen Einschlag. Toll wie sich hier Gandalf und Steve Hackett die Bälle an der E-Gitarre zuspielen, was besonders auf der DVD gut zu sehen ist. Im Stück "The Magician's Theme" spielen Peter Aschenbrenner und Robert Julian Horky ein wunderbares Duett auf den Querflöten. Das mehr als siebenminütige „Alone At Elrond’s House“ beginnt dagegen recht klassisch durch Piano und Streicher und wechselt mit dem Einsatz von Gitarre, Violine und Flöte in ein sanft rockendes Stück mit Folkanstrich. Der Konzertmitschnitt endet mit dem sehr perkussiven und mit herrlichen E-Gitarren versehenen „Cosmic Traveller“. Bei diesem letzten Track haben die Macher der DVD Gandalf in ein schimmerndes Licht gehüllt, was ihn optisch zu einem kosmischen Reisenden macht.

Die DVD bietet neben dem Konzertmitschnitt aus Wien und zwei Livestücken aus dem 2000’er Zell am See-Konzert (es fand auf einer Seebühne statt und wurde u. a. von einem Feuerwerk begleitet), die in sehr ansprechender Qualität vorliegen und bei dem alle Protagonisten zu sehen sind, ein Promovideo des Stückes „Just Go On Believing“. Das Video besticht durch sehr schöne, im Fantasyambiente gefilmte Bilder. Darüber hinaus bohrt sich die Stimme der Sängerin Julia Martins in die Gehörgänge des Zuschauers/Hörers. Außerdem bietet die DVD noch ein viereinhalbminütiges Interview mit Gandalf aus dem Jahr 2000, das sowohl in deutscher, wie auch in englischer Sprache vorliegt. Den Abschluss bildet dann noch eine Discografie aus dem Gandalf-Universum.

Für Freunde gut gemachter, mitreißender Instrumentalmusik ist dieses Album unverzichtbar, für Gandalf-Fans sowieso ein Muss. Aber auch Liebhaber der Progressiven Rockmusik kommen hier auf ihre Kosten, sorgt doch Steve Hackett bei dem Stück „“Face In The Mirror“, mit seinem markanten Gitarrenspiel für proggige Atmosphäre. Aber auch Freunde des österreichischen Rock finden hier einige Schätze, die von Georg Danzer und Wolfgang Ambros intoniert werden. Mit dieser CD bietet Gandalf einen tollen Mix aus Elektronik, Klassik, Worldmusik und Rock der faszinierend klingt. Der Knüller ist aber die DVD, die mehr als ein Bonus ist und auch für sich allein ein Highlight darstellt. Diese DVD ist unverzichtbar, zeigt sie doch erstmals ein Konzert von Gandalf mit vielen bekannten Musikern.

Gandalf selbst sagt über diese Veröffentlichung: „Als ich Jahre später die Aufnahmen durchsah, wurde mir klar, dass es sich dabei um echte Raritäten handelt, unwiederbringliche Dokumente einzigartiger musikalischer Zusammenarbeit, die es absolut wert sind, für die Nachwelt erhalten zu bleiben.“ Dem kann nichts mehr hinzugefügt werden, denn auch für den Hörer oder Zuschauer dieses Zeitdokumentes offenbart sich ein grandioses Werk. Ein Glück, das Gandalf sich entgegen seiner bisherigen Meinung entschieden hat, ein Livealbum herauszubringen. Ich kann diese CD/DVD, die zukünftig eine Menge Drehungen in meinen Playern erwartet, nur wärmstens empfehlen.

Stephan Schelle, September 2008

 
   

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