Fratoroler – Augen-Blicke
 

Fratoroler – Augen-Blicke
SynGate Records (2017)

(
5 Stücke, 58:32 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Projektnamen Fratoroler stehen die beiden Elektronikmusiker Thomas Köhler und Frank Rothe. Aus den Buchstaben ihrer Namen haben sie den ihren ungewöhnlichen Projektnamen erstellt. „Augen-Blicke“ ist nach dem 2016’er Werk „What!“ das mittlerweile sechste Album des Duos, das sich im Umfeld der „Berliner Schule“ bewegt. Während Frank Rothe an allen Stücken beteiligt ist (Synthesizer, Sequenzer), ist Thomas Köhler bei den Stücken „Einblick“ und „Augenblick“ an Synthesizer, Sequenzer und Gitarre zu hören.

 

 


Fünf Stücke enthält die CDR, die bei SynGates Unterlabel Wave erschienen ist. Jeder Track sprengt dabei die Zehn-Minuten-Marke. Die Besonderheit aller Stücke ist, das jedes das Wort „blick“ im Titel trägt. Vom etwas mäßigen Cover, das einen Skispringer zeigt, sollte man sich aber nicht beirren lassen.

Den Einstieg in das neueste Werk macht der 11:20minütige Track „Einblick“. Der Track beginnt mit einer Solomelodie, die im Pianosound gehalten ist. Dem wird dann ein „pingender“ Klang hinzugefügt, der einen ungewöhnlichen Rhythmus erzeugt. Ruhig und sanft schreitet dieser erste Track dahin, bis nach etwas mehr als zwei Minuten Thomas seine Gitarre zur Hand nimmt und zudem flirrende Synthiesounds einen Wechsel andeuten. Langsam steigert sich das Stück und sorgt vor allem durch die Gitarrenlicks für den besonderen Glanz. Hypnotisch treiben die Beiden diesen Track unaufhörlich voran. Ein klasse Einstieg in das Album.

Als zweites zeigt sich dann das zehnminütige „Weitblick“ sehr elektronisch. Frank nimmt anfangs eine Akte-X artige Stimmung auf und führt den Track dann mit verschiedenen Harmonien, bei einem gleichbleibenden Rhythmusmuster, durch verschiedene Parts. Das perlt sanft durch den Äther.

Mellotron artige Sounds und Syntiechöre eröffnen dann das 14:20minütige „Rückblick“. Der Titel des Stückes ist gut gewählt, denn die Retrosounds lassen eine gewisse Nostalgie aufkommen, die an den Beginn der „Berliner Schule“ führt. Während diese Stimmung aus Synthiechören die ersten gut drei Minuten anhält, kommen danach leicht experimentelle Klänge auf, die von einem Sound, der einer Spieluhr nachempfunden ist, begleitet wird. Kurz darauf setzten dann recht spacige, von langen Flächen durchzogenen Passagen ein. Ein sanfter Sequenzerrhythmus, der mich so ein bisschen an Ron Boots erinnert, setzt nach weiteren Minuten ein und wird von einem flirrenden Sequenzermuster abgelöst. Jetzt ähnelt der Track einer Mischung aus „Berliner Schule“ und der britischen Variante der Elektronikmusik. Frank hat hier einige Elemente der Elektronikmusik gekonnt miteinander verbunden.

Das vierte Stück trägt den Namen „Augenblick“ und beginnt ebenfalls recht spacig mit mysteriösen Klangformationen. Erst nach gut drei Minuten kommt ein Rhythmus auf und der Track bekommt Harmonien spendiert, die ihn nun in eine andere Ebene transportieren. Nach weiteren Momenten setzt dann Thomas’ Gitarrenspiel ein, das sehr akzentuiert eingesetzt wird. Diese Kombination ist hervorragend gemacht und lässt die Gedanken fliegen.

Mit dem zwölfminütigen „Silberblick“ endet dann die CDR wieder sehr elektronisch, da Frank wieder allein agiert. Nach gut zwei Minuten ruhigen Beginns geht es dann rhythmischer und melodischer weiter. Ein schöner Track, der mich vom Sound an Tangerine Dream der 70’er erinnert.

Fratoroler haben mit „Augen-Blicke“ ein Werk geschaffen, das zwar unterschiedliche Klangbilder zeichnet, aber doch in einigen Bereichen auf die „Berliner Schule“ verweist. Vor allem wenn Thomas seine Gitarre mit einbringt, gewinnen die Stücke an Qualität. Dieses Stilmittel sollten sie noch häufiger einsetzen.

Stephan Schelle, April 2018

 
   

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