Erren Fleissig Schöttler Steffen – Ouddorp Takes
 

Erren Fleissig Schöttler Steffen – Ouddorp Takes
Eigenvertrieb / CUE Records / SynGate (2012)
(7 Stücke, 54:31 Minuten Spielzeit)

Der Projektname ist schon sehr ungewöhnlich, besteht er doch aus den Nachnamen der vier deutschen Elektronikmusiker Jörg Erren, Bert Fleißig, Jochen Schöttler und Christian Steffen. Diese Vier haben sich vor einiger Zeit im Internet über Mics Synthesizerforum kennen gelernt und bei einigen Synth-Treffs dann auch persönlich getroffen. Es entstand die Idee gemeinsam Musik zu machen. Das Außergewöhnliche ist daran aber die Entstehung der Musik, bzw. besser gesagt der Ort.

 


Da im Winter in den Ferienparks in den Niederlanden recht günstig Zimmer zu bekommen sind, haben die Vier kurzerhand im November 2010 zwei Häuser in einem Ferienpark in Westholland gebucht und sind dort mit zahlreichen elektronischen Geräten für eine Woche eingezogen. Während in einem Haus vornehmlich gelebt wurde, räumten sie das Wohnzimmer des anderen Hauses einfach aus und bauten ihre zum größten Teil verwendeten analogen Synthesizer inklusive zweier großer Modularschränke auf und legten los.

Ohne sich vorher groß abzusprechen sind sie in ein musikalishces Abenteuer gestartet. Einer begann etwas auszuprobieren - Klänge, Sequenzen etc. - und die anderen stiegen dann darauf ein. Es gab kein Konzept, alles sollte quasi erst entstehen und fließen. Sobald sie dann der Meinung waren, dass sich etwas Brauchbares aus dem anfänglichen „Krach“ entwickelte, starteten sie die Bandmaschine und nahmen ihre Klänge auf. So entstand dann das erste Werk, eine CDR unter dem Titel „Ouddorp Tapes“. Aufgrund der guten Resonanz wiederholten die vier dann diese Aufnahmesession am gleichen Ort im Januar/Februar 2012. Herausgekommen sind sieben Tracks, die mit „Ouddorp 8.1“ bis „Ouddorp 14“ betitelt sind und nun auf der CD „Ouddorp Takes“ erhältlich sind.

Ein schöner Sequenzerrhythmus leitet in das eröffnende, fast siebenminütige „Ouddorp 8.1“ ein. Zwei Sequenzen legen sie hier zunächst übereinander, die langsam anschwellen und mit weiteren Flächen unterlegt werden. Nach gut zweieinhalb Minuten kommen dann eingängige, herrliche Harmonien hinzu. Das erinnert mich auch an Musik von Ron Boots & Co. Sehr gut gefallen mir diese Harmonie- und Melodiebögen, die sich sofort ins Ohr schieben. Das ist schon mal ein sehr viel versprechender Beginn.

Ein Rauschen, das recht winterlich klingt, ist an den Beginn von „Ouddorp 9“ gesetzt. Darauf setzten sie zunächst Klangtupfer. Nach gut anderthalb Minuten kommen aber auch hier Melodielinien in den Vordergrund und verdrängen das Rauschen. Mit einem sanften Rhythmus bewegt sich dieser zweite Track sehr hypnotisch durch den Raum. Die Klänge kommen mir beim Hören auf eine eigentümliche Weise vertraut und doch neu vor.

Der Sequenzer spielt bei „Ouddorp 10“ auch eine gewichtige Rolle. Hier kommen dann auch Anleihen an die „Berliner Schule“ auf. Etwas düster und spacig wirkt „Ouddorp 11“. Nur sehr langsam entwickelt sich dieses mehr als 13minütige Stück. Das ist Musik, die den Hörer in den Orbit katapultiert.

Stampfend klingt „Ouddorp 12“, so wie ein Zug der rasch voran fährt. Traditionelle Elektronik (wieder so ein Stück, das mich an die niederländische Elektronikfraktion erinnert) trifft hier auf Wave artige Rhythmen. Vor allem die Kombination aus herrlichen Flächen und Rhythmus sorgen für Gänsehaut. Ein toller Track, der zu den Highlights des Albums gehört. Von gleicher Qualität ist auch „Ouddorp 13“, das hier aber wesentlich schwebender daher kommt. Ein intensiver Track mit herrlichen Sounds, die sich ebenfalls unter die Haut schieben. Beendet wird die CD dann mit „Ouddorp 14“, das ebenfalls wunderbare Harmonieflächen aufweist, in die man sich fallen lassen kann.

Man kann dieses - für mich neue Quartett - nur zu dieser Produktion beglückwünschen, die sie während eines einwöchigen Aufenthaltes in den Niederlanden aufgenommen haben. Man hört förmlich, dass sie eine Menge Spaß bei ihren Sessions gehabt haben und legten dabei ein unglaubliches Gefühl für Harmonien und Rhythmik an den Tag. „Ouddorp Takes“ ist eine tolle CD geworden, die ich jedem Elektronikfreund, der analoge Klänge, herrliche Synthieflächen und Sequenzerrhythmen mag, ans Herz legen kann.

Stephan Schelle, Oktober 2012

 
   

CD-Kritiken-Menue