Erik Seifert - AOTEAROA
 

Erik Seifert - AOTEAROA
SynGate (2006)

Erik Seifert nimmt uns nach seinen beiden CDR’s „Trust Avis“ und „A Trip To Nebula Cluster“, die uns mehr ins All katapultierten, auf seinem neuen Album „AOTEAROA“ mit auf eine Reise nach Neuseeland. Der etwas ungewöhnliche Titel stellt die Länderbezeichnung in der neuseeländischen Landesprache dar. Entstanden ist die Musik während eines Urlaubes, den Erik dort verbrachte und dessen Eindrücke er musikalisch umsetzen musste.

Als erstes muss ich mal ein Dankeschön an Erik’s Frau aussprechen, weil sie ihn während des Urlaubes an den einzelnen Stücken arbeiten ließ. Ganz im Stile seiner bisherigen Veröffentlichungen legt Erik eine CDR vor, die wieder vor Atmosphären und Klängen nur so strotzt.
 

 

 

Gleich im Eingangstitel hat er mit „Waitomo“ einen sehr schönen Titel als Opener für sein Album gewählt. Der Track beschreibt eine Wasserhöhle, in der sich hunderte von Glühwürmchen tummeln und eine ganz eigene Aura erschaffen. Mit Sounds von Wassertropfen spielend, führt er uns sehr stimmig in diesen atmosphärischen Track ein. Es folgen weite Flächen und Keyboardsounds, denen er einen Hall unterlegt hat. So entstehen vor dem geistigen Auge des Hörers riesige, mit Wasser gefüllte unterirdische Hallen. Ein majestätischer und erhabener Anblick. Dem ganzen spendiert Erik dann noch einen ausgeklügelten Rhythmus und eingestreute Loungeelemente, was dieses Stück zu einem der Highlights des Albums macht. Auch ohne diese Höhle zu kennen, kann ich mir gut vorstellen, wie sie auf Erik gewirkt haben muss.

Auf „Orakei Korako“ zeigt er uns dann das verborgene Tal. Mit Klängen, die mich entfernt an Didgeridoos erinnern, gepaart mit lang gezogenen Flächen betreten wir dieses Tal. Auf diesem, mit fast 14 Minuten Spielzeit längstem Stück, bestimmen vor allem Stimmungen den ersten Teil des Tracks. Dann kommen Gesangssamples und eingestreute Pianoklänge, zu denen sich dann ein Sequenzer artiger Synthiesound hinzugesellt. Die Gesangssamples haben etwas schamanisches und es entsteht wieder diese Sogwirkung, mit der uns Erik förmlich in seine Stücke hineinzieht. Außerdem besteht bei diesem Track der Reiz darin, dass Erik ihn durch verschiedene musikalische Wendungen sehr abwechslungsreich gestaltet hat. Zum Ende hin wird er immer rhythmischer und auch Popelemente, die entfernt an Schiller erinnern sind mit integriert. Ein klasse Titel!

Vogelstimmen läuten die Reise auf die Südinsel Neuseelands auf „AOTEAROA South“ ein. Dieser Track besteht hauptsächlich aus Flächen und gemächlichen Melodielinien. Hier legt Erik das Hauptaugenmerk auf Stimmungen und weniger auf Melodie. Nachdem das Stück nahezu ohne Rhythmus ausgekommen ist, wird der Track vor allem im letzten Viertel sehr rhythmisch. Nach diesem Stück wechseln wir den Standort und gehen mit „AOTEAROA North“ nördliche Insel. Dieses Stück nimmt den Rhythmus seines Vorgängers unmittelbar auf und verstärkt ihn noch. Sehr kraftvoll und pulsierend marschiert dieser Track nach vorn. Auch die etwas schärferen Sounds und kühleren Klänge zeugen von dem etwas raueren Klima im Norden des Landes. Es ist, als würde man vor einer Felszerklüfteten, Windumtosenden Gebirgslandschaft stehen.

Nach dieser Rhythmusorgie geht es bei „Pounamu“, einem grünen Jadestein, etwas gemächlicher zu und der Puls kann wieder etwas zur Ruhe kommen. Langgezogene Flächen sorgen für eine entspannte Atmosphäre und die Gedanken schweben dahin. Mir entsteht sofort ein Bild vor dem geistigen Auge, bei dem ich auf einer großen grünen Wiese liege und den dahin ziehenden Wolken nachschaue. Nach so viel Ruhe wird es jetzt etwas bedrohlich, denn bei „Haka“ geht es um einen Kriegstanz. Und diese bedrohliche Stimmung vermittelt Erik auch mit seinen Sounds und dem stampfenden Rhythmus. Ich sehe quasi die Eingeborenen um ein Feuer tanzen. Sehr gut gefallen mir auch die Halleffekte, die Erik auf die Gesangssamples gelegt hat. Im Kontrast zu dem erst bedrohlichen Anfang und den Sounds steht die unwiderstehliche Melodielinie, die Erik in diesem Stück verwendet. Auch der schnelle Rhythmus, der nach einiger Zeit einsetzt macht aus dem Stück einen tribal- bzw. tranceartigen Track. Das macht dieses Stück ebenfalls zu einem Highlight des Albums, das Gänsehaut erzeugt.

Zum Schluss steigen wir mit Erik dann noch auf den Fox Gletscher im Track „Te Moeka O Tuawe“. Das Stück hat - durch die weibliche Gesangsstimme - etwas Erhabenes und stellt einen würdigen Ausklang des Albums dar. Die einzelnen Stücke hat er teilweise überblendet, so dass ein Gesamtwerk ohne Brüche entstanden ist. Klanglich ist das Werk von Erik wieder 1A. Das ist auch kein Wunder, denn in seinem bürgerlichen Beruf ist er Tonmeister und man hört deutlich auf der CD, dass er sein Handwerk bestens versteht. Anspieltipps: „Waitomo“, „Orakei Korako“ und „Haka“.

Es ist wirklich erstaunlich, aber Erik hat sich binnen eines Jahres (mal von seinem letztjährigen Liveauftritt an gerechnet) zu einem Musiker in der Szene entwickelt, in der er sich einen festen Platz erspielt hat. An seinen Veröffentlichungen erkennt man, dass die Elektronik noch genügend Potential hat und sich weiter entwickelt.

Stephan Schelle, April 2006

 
   

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