Eberhard Schoener - Flashback
 

Eberhard Schoener - Flashback
made in germany music / mig (1978 / 2011)
(10 Stücke, 46:31 Minuten Spielzeit)

Nachdem das deutsche Label mig Anfang November 2010 die beiden ersten Wiederveröffentlichungen des deutschen Avantgardekünstlers Eberhard Schoener („Bali-Agung“ und „Trance-Formation“) in remasterter Form herausbrachte, folgt am 25.02.2011 nun ein weiteres Meisterwerk des süddeutschen Musikers. Das Album „Flashback“ erschien ursprünglich 1978 und bringt erstmals ein Album auf den Markt, bei dem die spätere weltbekannte Band Police in kompletter Formation zu hören ist.

 


Aus dem 20seitigen Booklet ist zu erfahren, dass der Gitarrist Andy Summers den Bassisten und Sänger Sting und Schlagzeuger Stewart Copeland, die kurz zuvor die Band The Police gegründet hatten, im Jahr 1977 mit Eberhard Schoener bekannt machte. Die drei reisten also 1977 nach München, weil Schoener für eine Show eine Band suchte. Da die drei Geld für die Produktion ihrer neuen Band benötigten, nahmen sie das Angebot an, bei einer „Multimedia-Komposition aus Laser, Zirkus, Rock, klassischer und elektronischer Musik mit Ballett-Tänzern und einem Pantomimen“ mitzuwirken. Das Ergebnis wurde unter anderem auf der 78’er LP „Video-Magic“ dokumentiert.

Als weitere Produktion nahm Schoener zusammen mit Sting, Summers und Copeland das dritte Schoener-Album „Flashback“ auf, das eine Reise in die USA und wieder zurück nach Europa beschreibt. Schoener schrieb damals als Linernotes: „Für viele Musiker, die mit der Elektronik arbeiten, wurde der Kosmos, das Weltall, das Universum oder die Galaxis zu einem Symbolbegriff für ihre Musik. Das elektronische Grundmaterial (die verschiedenen Wellenformen) lassen diesen Bezug nahe liegend erscheinen. Für mich ist es jedoch vielmehr eine geschickte Vermarktung des Universums, als eine wirkliche Definition des musikalischen Inhalts. Aber doch interessiert auch mich ein Planet im Zusammenhang mit Musik; ein Planet, bei dem Impulsgeber und Empfänger tatsächlich gleichermaßen erreichbar sind: die Erde.“

Und wenn man sich das Album des Elektronikmusikers anhört, dann ist vor allem der erste Teil (der damals die A-Seite zierte), trotz seiner elektronischen Sounds, sehr erdverbunden und bodenständig. Das liegt vor allem an den beteiligten Musikern Sting, Summers, Copeland sowie Hansi Ströer an E-Gitarre und elektronischem Piano und Olaf Kübler am Saxophon. Der zweite Teil (seinerzeit auf der B-Seite der Vinylscheibe) war dagegen sehr symphonisch. Den drei Stücken dieses Parts lag eine Musik für den Spielfilm „Rheingold“ von Nikolaus Schilling zugrunde.

Die CD beinhaltet zum einen das Originalalbum aus 1978 und hat darüber hinaus noch mit „Why Don’t You Answer“ im Lukas T. Velvet Remix noch einen hypnotischen Bonustrack zu bieten.

Der erste Part trägt den Titel „From The New World“, umfasst sechs Stücke und entführt den Hörer ins entfernte USA. Ohne große Umwege kommt Eberhard schon im Opener „Trans-AM“ zur Sache und sorgt – nach dem Geräusch eines landenden Verkehrsflugzeugs – und einer Mixtur aus Elektronik und Rockmusik für eine hypnotische Wirkung. Schon früh war Eberhard die außergewöhnliche Stimme von Sting aufgefallen und so ließ er ihn nicht nur den Bass bedienen, sondern auch ans Mikro treten, was diesem ersten Part einen markanten Stempel aufsetzt. Man war und ist als Hörer damals wie heute gleichermaßen gefangen.

Mit diversen Großstadtgeräuschen sorgt Eberhard dann in „Why Don’t You Answer“ - dem absoluten Highlight des Albums - dafür, dass sich der Hörer sofort im hektischen New York wähnt. Intensive Synthiesounds und -rhythmen (der Nähmaschinen artige Rhythmus wurde später von Donna Summer verwendet) sowie Stings Stimme, die mit einer nicht antwortenden Person am anderen Ende einer Telefonleitung zu kommunizieren versucht, sorgen für eine beklemmende, einsame und doch faszinierende Stimmung. Ein absolutes Hammerstück, das mir auch heute noch die Gänsehaut über den Rücken fegt. Und wer diesen tanzbaren Titel mit noch mehr Drive und Beat hören möchte, der bekommt am Ende der CD mit dem Bonustitel „Why Don’t You Answer“ im Lukas T. Velvet Remix den korrekten Stoff für die Tanzfläche.

Wie eine symphonische Rockballade in der Schnittmenge von The Police und Barclay James Harvest mutet das folgende „Only The Wind“ im ersten Viertel an. Nach etwas mehr als einer Minute übernehmen dann aber zunächst der Sequenzer und die Synthieflächen das Zepter und bestimmen das Bild, um zum Ende hin wieder in die unwiderstehliche Rockballade zurückzukehren. „Powerslide“ ist ein klassisch angehauchtes Instrumentalstück, das mit Rockelementen verziert wurde und ein wenig an Rick Wakeman trifft Space erinnert. Das Titelstück nimmt dann den Bogen und einige Sounds vom Opener „Trans-AM“ auf und führt diese fort. Sehr klassisch mit Streichern beendet dann „Epilogue“ (das würde auf jedem Klassikalbum Platz finden und stellt so einen Kontrast zu den Elektronik- und Rocksounds dar) den ersten Part des Albums und leitet damit auch gleich in den zweiten Teil „From The Old World“ über.

„Rhine-Bow“ ist der erste Track von „From The Old World“, das eine Mixtur aus klassischer, von Streichern bestimmter Musik mit elektronischem Unterbau und Rockelementen darstellt. Sting legt einen gesungenen Text darauf, der damals verstörend klang, aber eine ungeheure Faszination ausstrahlte. Auch heute hat dieses Stück etwas Erhabenes, das zu fesseln weiß.

Schwebend und majestätisch wirkt „Loreley“, bei dem Olaf Kübler sehr akzentuiert sein Saxophon einsetzt und die Musiker des Münchner Orchesters für die klassischen Momente sorgen. Das abschließende „Magma“ ist eine Mischung aus experimenteller und traditioneller (á la „Berliner Schule“) Elektronikmusik mit klassischem Esprit.

Mit „Flashback“ hat mig ein weiteres wichtiges Album der Elektronik- bzw. Avantgarde-Musik ans Tageslicht und endlich in die CD-Player gebracht. Ein tolles Album, das zwischen den Musikwelten der Klassik, der Elektronik und des Rock wandelt und das schon allein durch das Stück „Why Don’t You Answer“ für mich eine absolute Kaufempfehlung darstellt.

Stephan Schelle, Februar 2011

 
   

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