Create – We Live By The Machines
 

Create – We Live By The Machines
Groove Unlimited (2010)
(6 Stücke, 74:53 Minuten Spielzeit)

Der Brite Steve Humphries, der unter dem Namen Create seine elektronische Musik veröffentlicht, hat seinem 2009’er Album „Words Just Get In The Way“ im Oktober 2010 mit „We Live By The Machines“ sein mittlerweile neuntes Album folgen lassen. Sechs Stücke, darunter alleine zwei Longtracks, die es auf mehr als 20 Minuten Spielzeit bringen, bietet das neue Werk. Steve befindet sich mit seiner Musik im nahen Umfeld der Sequenzer orientierten Klänge der „Berliner Schule“.

 


Das erste, das mir bei dem Titel der CD einfiel war, das sich Steve als Rahmenwerk eine futuristische Szenerie ähnlich der der „Terminator“-Filme ausgedacht haben muss. Doch sind die Sounds, die Steve aka Create hier erstellt nicht weit von denen entfernt, die er schon auf seinen Vorgängeralben präsentierte. Wer also Create kennt, der bekommt hier die volle Ladung der guten alten „Berliner Schule“ aufgetischt, allerdings in sehr ansprechender Form.

Der Hörer betritt durch das erste Stück „Portal“ die Welt von Create. Das 23minütige Stück beginnt zunächst sehr sphärisch und führt mich gedanklich eher in den Weltraum. Nach gut fünf Minuten startet der Sequenzer und Freunde des 70’er/80’er Jahre-Sounds werden frohlocken. Ein hypnotischer Track, den Steve sich auf voller Länge langsam entwickeln lässt.

Mit flirrenden Sounds und einem unwiderstehlichen Rhythmus startet das Titelstück, das als zweiter Titel auf der CD zu finden ist. Auf diesem 6:46 Minuten langen Track zeigt Steve, dass er es versteht, der „Berliner Schule“ neue Elemente – hier in Form des sehr schönen Rhythmus – zu entlocken bzw. hinzuzufügen. Während er im ersten Track eher Harmoniefolgen aneinanderreihte, hat das Titelstück schon Songstrukturen, denn es enthält eine Melodieführung, die mir gut gefällt. Das klingt retro und doch modern zugleich.

Das gut zehnminütige „Fanfare For Dreams“ kommt als nächstes. Es beginnt mit einer Melodiefolge, die mich an britische Folklore erinnert. In dieser elektronischen Form und mit Flächen unterlegt klingt das allerdings neuartig. Dann schält sich eine Sequenzerfolge (aus fünf Tönen bestehen) heraus, die mich – trotz ihrer Gleichartigkeit - sofort fesselt. Weitere geschichtete Sequenzerfolgen sowie unterlegte Flächen machen aus diesem Stück ein faszinierendes Kleinod.

Mystisch mutet das nächste Stück „Somewhere In The Distance“ an. Es erzeugt bei mir eine gewisse Endzeitstimmung, die zum einen etwas Bedrohliches hat. Zum anderen stehen die Geräusche, die an eine Brandung erinnern, im krassen Gegensatz zu den bedrohlichen Sounds, was diese noch verstärkt. Durch die Sounds, die nach Windgeräuschen klingen kommt in „Running Out Of Time“ eine gewisse Leere auf, so als Stünde man in einer Einöde. Dazu serviert Create einen tickenden Rhythmus und Harmonien, die etwas verstören. Das hat wieder etwas mystisches, trostloses, so als wäre man der letzte Mensch auf Erden.

Den Abschluss bildet dann ein zweiter Longtrack. „Search And Rescue“, das es auf fast 22 Minuten bringt, beginnt etwas surreal mit schillernden Klängen, die mich an ein verzerrtes Spiegelbild denken lassen. Eine Art Echolot lässt dann Bilder von einer Fahrt in einem U-Boot, in den dunklen Tiefen der Ozeane vor meinem Auge erscheinen. Mit Mellotronklängen und einer Morseartigen Tonfolge nimmt der Track dann nach ca. drei Minuten an Fahrt auf. Mit diesem letzten Stück hat Steve wieder so einen magischen Track erstellt, der dem Hörer die Sinne vernebelt. Ich habe dabei das Gefühl mich in Soundwolken zu verlieren. Ein tolles Teil, das in seinem Verlauf an Dynamik gewinnt.

Mit „We Live By The Machines“ hat Create aka Steve Humphries wieder ein Album vorgelegt, das mich überzeugt. Es enthält, wie schon seine Vorgänger, eine große Nähe zur „Berliner Schule“, aber das muss ja nicht unbedingt verkehrt sein. Freunde dieses Musikstils, bzw. der Alben von Create werden ihre Freude an diesem Werk haben. Highlights des Albums sind aus meiner Sicht die beiden Longrtracks sowie das Titelstück.

Stephan Schelle, Dezember 2010

 
   

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