Cadenced Haven - Peregrination
 

Cadenced Haven - Peregrination
Groove Unlimited (2010)
(9 Stücke, 78:51 Minuten Spielzeit)

Cadenced Haven ist ein neuer Name in der Elektronikszene und das Album „Peregrination“ die erste Veröffentlichung von ihr. Das Booklet gibt zwar nicht viel her, sie muss aber aus dem asiatischen Raum stammen bzw. Ursprungs sein, denn ihre Musik (sie setzt ihre Stimme auch als Instrument ein) hat einen gehörigen Anteil indischen Flairs.

 


Neun Stücke enthält die CD von denen Cadenced vier allein komponiert hat und die weiteren fünf Tracks zusammen mit dem niederländischen Elektronikmusiker Gert Emmens entstanden sind. Ich finde, dass vor allem bei den mit Gert zusammen komponierten Stücken seine Handschrift deutlich durchscheint. Das zeigt sich auch gleich beim fast 16minütigen Opener „Devoted Loss“, der zunächst noch recht verhalten klingt aber spätestens mit dem Einsatz eines unwiderstehlichen Rhythmus ab Minute vier, sich sehr schön entwickelt. Der Track hätte auch gut auf ein Emmens-Album gepasst.

„Confronting Science“ stammt ebenfalls aus der Feder der beiden Musiker und bietet einen Sound, der mich – durch seine Stimmsamples, die eingeflochten werden – zunächst an ein Kontrollzentrum (ähnlich der NASA), dann aber an eine U-Bahn-Szene erinnert. Sehr rhythmisch geht der Track gut ins Ohr. Es folgt ein weiterer Track den die beiden gemeinsam komponiert haben. Er heißt „Atmosphere Of Amalgamation“ und hat einen tollen, rhythmischen Sequenzerlauf. Richtige Melodien sind hier weniger zu finden sondern die beiden erstellen einige schöne Harmonieläufe, die sie auf die Rhythmussequenzen setzen.

Mit „Riversion“ kommt dann der erste Titel, den Cadenced allein geschrieben hat. Synthies und Perkussion bilden zunächst eine Kombination, der dann einige harmonische Flächen folgen. Irgendwo würde ich den Titel in die Nähe zu Produktionen des früheren IC-Labels (á la G.E.N.E. etc.) einordnen. Mit „Phenomenon“ kommt ein weiterer Solotitel von Cadenced Haven. Hier agiert sie vom Sound her ähnlich der Produktionen von Andreas Akwara. Das ist für meinen Geschmack etwas nichts sagend und kann mich leider nicht fesseln. Der Titel wirkt auf mich etwas unstrukturiert. Er ist mit seinen 9:41 Minuten sicherlich einer der schwächsten Stücke des Albums. Der fünfeinhalb minütige Track „Virtual Reality“ schlägt da in die gleiche Kerbe, hat aber doch einige gelungene Momente zu bieten, denn die Stimmung ist hier i. O.

Mit „Catalysis“ kommt dann wieder ein Stück der Kollaboration und sofort steigt die Qualität der Musik wieder an. Dieser Track hat leichte loungige Elemente zu bieten und trabt mit einem stetigen Rhythmus voran. Der Track kann die Qualität der ersten drei Stücke aber nicht halten.

Das fast 16minütige „The Silent Visit“ ist wieder ein Solotrack von Cadenced. Gut zwei Minuten braucht das Stück, bis die ersten richtigen Sounds erklingen. Bis dahin hört man Wasserrauschen, so wie bei einem Wellengang am Strand. Dann platziert Cadenced aber recht unterkühlte Elektroniksounds dagegen, die mich an John Carpenter-Soundtracks der Marke „Nebel des Grauens“ erinnern. Erst nach mehr als vier Minuten schälen sich ein Synthiesound und Rhythmus raus, die aufhorchen lassen. Vom Rhythmus bewegt sich Cadenced plötzlich im Bereich von Enigma. Allerdings sind die Flächen und Harmonien eher wieder etwas verhalten und klingen auch hier nach den Produktionen eines Andreas Akwara. Mit fast 16 Minuten ist dieser Track eindeutig zu lang. Mit „Conclusion“, das auch auf Gert Emmens CD „The Nearest Faraway Vol. 3“ zu finden ist (s. Rezi), endet dann die CD.

Ein durchwachsenes Debütalbum, das aber vor allem durch die Kollaboration mit Gert Emmens lebt. Die Stücke, an denen er mitgewirkt hat, sind eindeutig die Highlights des Albums. Es bleibt abzuwarten ob es Cadenced auch schafft, ohne Hilfe ein ansprechendes Album einzuspielen. Wer Gert Emmens Musik mag, der kann wegen der ersten drei Tracks zugreifen, denn dort ist viel zu finden, was man von ihm mag.

Stephan Schelle, August 2010

 
   

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