Broekhuis, Keller & Schönwälder – The
Vlagtwedde Tapes Das Elektroniktrio Bas Broekhuis, Detlef Keller und Mario Schönwälder hatte sich für ihre neueste Produktion im Herbst 2021 in das niederländische Örtchen Vlagtwedde begeben um dort in aller Ruhe neue Stücke einzuspielen. Das Ergebnis ist auf dem im Herbst 2022 veröffentlichten „The Vlagtwedde Tapes“ - zwei Jahre nach ihrem letzten Album „Purple“ - zu hören, auf dem sich vier Tracks, die dort aufgenommen wurden, befinden. Der fünfte Track wurde in Detlef Kellers Studio ebenfalls im Herbst 2021 während einer Session eingespielt. |
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Los
geht es mit dem 9:49minütigen „Witte Wieven“. Der Name ist auf eine
niederländische Mythologie bzw. Legende zurückzuführen. Dabei handelt es
sich um Geister von „weisen Frauen“ oder auch Elfenwesen. Die Witte Wieven waren die Geister weiser Frauen, die im späten 19.
Jahrhundert die Sumpfige Heide und den Hohen Wald in der niederländischen
Provinz Noord-Brabant bewachten und Menschen, die sich dorthin begaben, in
die Tiefe zerrten. Aus diesem Grund wurden die Witte Wieven von den
Bewohnern der angrenzenden Siedlung gefürchtet. Das klingt ähnlich wie
die Geschichten über Sirenen oder der Loreley. Ganz
so düster wie die Legenden ist der Track aber nicht, vielmehr zeigt er sich
sphärisch und liegt in der Nähe von Klaus Schulzes frühen Werken. Da fließen
und plätschern die Klänge und Flächen förmlich atmosphärisch durch den
Raum und verändern im Verlauf darüber hinaus Struktur, Klangfarbe und
Rhythmik. Ein sehr schöner Track, in den man sich verlieren kann. Das
Titelgebende „Vlagtwedde Tape 2“ (gibt es da noch weitere Tracks, die
veröffentlicht werden oder war „Witte Wieven“ die erste Aufnahme?)
folgt mit seinen 17:32 Minuten Spielzeit an zweiter Position. Ein sehr schönes
Rhythmusmuster und mysteriös wirkende Klänge eröffnen dann dieses längste
Stück des Albums. Auf repetitive, sich wiederholende Klang- und
Rhythmusmuster legt das Trio dann herrliche Flächenharmonien, was mystisch
und geheimnisvoll wirkt. Der Track entwickelt sich weiter und kombiniert
sakral wirkende Synthchöre mit Gitarrenähnlichen Sounds und einfühlsamen
Harmoniebögen. Dann kommen Mellotronsounds hinzu und im weiteren Verlauf
werden Trompetenhafte Klänge hinzuaddiert. Diese Art von Klang- und
Musikzusammenstellung bekommen nur BK&S hin und ziehen die Hörer damit
in einen hypnotischen Strudel. Auf
14:27 Minuten Spielzeit bringt es dann das Stück „Raindrops On The
Rooftop“. Hier klingen die ersten Töne allerdings wieder recht sakral und
Mellotronmäßig. Nach einigen Momenten kommt dann ein Sequenzerrhythmus
auf, der ein wenig kantig klingt. Nach etwa fünf Minuten dreht das Trio die
Dynamik hoch, was am Sound und den Percussion von Bas liegt. Und dann geht
das Ganze in Richtung Tangerine Dream der Endsiebziger Jahre. Ein wahrer
Genuss. Das
15:50minütige „Westerwolde Triple“ ist nicht etwa an die deutsche
Region des Westerwaldes angelehnt, vielmehr handelt es sich bei Westerwolde
um eine Gemeinde in der niederländischen Provinz Groningen, die nur knapp 3
Kilometer von Vlagtwedde entfernt liegt. Dieser Track beginnt ebenfalls
recht mysteriös und zeigt in den ersten Minuten lediglich Stimmungsbilder,
die aber danach in eine sanfte Melodielinie übergehen, die sich in die
mysteriösen Klänge mischt. Das hat so ein bisschen was von einem
Soundtrack. Der
letzte Track „Am Großen Baum“ wurde im Herbst 2021 in Detlef Kellers
Studio eingespielt. Hier jammen die drei Musiker im gleichen Stil wie die in
Vlagtwedde aufgenommenen Stücke, ohne das ein Bruch im Album entsteht. Sehr
melodisch mit perlenden Klängen und weiteren Klangtupfern starten die Drei
in diesen Abschlusstrack. Nach etwas mehr als einer Minute kommen dann erste
Harmonien auf, die dann weiter ausgebaut und im weiteren Verlauf mit einem
sanften Sequenzerrhythmus unterlegt werden. Ein sehr schöner Abschluss mit
Gänsehautfaktor. Es
hat zwar zwei Jahre gedauert, bis das Trio Broekhuis, Keller & Schönwälder
ein neues Studioalbum vorlegt. Das ist sicherlich auch der Corona-Epidemie
geschuldet, da die drei in unterschiedlichen Regionen zu Hause sind. Das
Warten hat sich aber gelohnt, denn auf „The Vlagtwedde Tapes“ befinden
sich wieder tolle Stücke, die im typischen BK&S-Stil mit Referenzen an
die Musik der „Berliner Schule“ (Klaus Schulze und Tangerine Dream)
gehalten sind. Stephan Schelle, Dezember 2022 |
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