Bridge To Imla – Imaginary Rooms
 

Bridge To Imla – Imaginary Rooms
Eigenvertrieb (2023)
(19 Stücke, 155:38 Minuten Spielzeit)

Im März 2023 ist eine neues Album vom Elektronikprojekt Bridge To Imla erschienen. Es ist als Download über Bandcamp sowie in einer geringen Auflage als DoppelCDR erhältlich. Hinter Bridge To Imla stecken Michael Brückner (Synthesizer, Keyboards, Electronics) und Hans-Dieter „HaDi“ Schmidt (Synthesizer, Keyboards, EWI, Piano). Die Aufnahmen, die im Zeitraum 2019 bis 2023 entstanden sind, finden auf zwei Silberlingen Platz. Hier zunächst einige Infos von der Bandcamp-Seite:

 

 


Am 26. Oktober 2019 traten Bridge to Imla zum ersten Mal live in der Galerie „Kunstraum“ in Erlensee (bei Frankfurt), Deutschland, auf. Die beiden Sets enthielten ausschließlich neue Musik, die speziell für diesen Anlass komponiert (und teilweise improvisiert) wurde (mit Ausnahme von „Greenhouse“, einer Live-Version von Michael Brückners Stück „A Thin Line“ aus dem Jahr 2002 - allerdings ganz anders als im Original...).

Das Duo hatte geplant, die Veranstaltung mitzuschneiden, was jedoch aufgrund eines Ausrüstungsfehlers nicht klappte (...trotzdem gibt es eine Lo-Fi-Aufnahme des größten Teils des Konzerts - mit Ausnahme der letzten zehn Minuten - die mit einer Videokamera aufgenommen wurde und dieser Veröffentlichung als zwei digitale Bonustracks beigefügt wurde).

Da das Material zu gut schien, um nicht veröffentlicht zu werden, beschlossen HaDi und Michael, stattdessen eine Studioversion zu produzieren - das Ergebnis ist „Imaginary Rooms“. Die meisten Aufnahmen und das grundlegende Abmischen fanden bereits 2019 statt und wurden Anfang 2023 fertig gestellt und abgeschlossen.

Der Hauptteil des Albums besteht aus dem Liveset, das die Beiden Musiker in der Galerie „Kunstraum“ in Erlensee (bei Frankfurt) spielten. Und ich kann es vorwegnehmen, das Material ist wirklich hervorragend und es ist ein Glück, das sich die Beiden zur Veröffentlichung entschlossen haben.

Die erste CDR beginnt mit dem Stück „(Please Stop Inside Our) Imaginary Rooms“. Mysteriöse Klänge starten in diesen siebenminütigen Track. Nach wenigen Minuten kommen aber Flächensounds auf die sich zu hymnischen Klangwolken entwickeln in die die Beiden die Synthies zwitschern lassen. Danach setzen eine Violinen artige Melodielinie und sanfte Rhythmusmuster ein. Damit blicken sie ein wenig in Richtung Klaus Schulzes Musik. Die Beiden gestalten den Track aber sehr abwechslungsreich, da sie immer wieder Strukturen und Klangmuster ändern.

Das siebenminütige „Her Secret Room (Part 1)“ beginnt ebenfalls recht mysteriös, transformiert sich aber schnell in einen wunderbaren Part mit harmonischen Flächen, einem Sequenzerrhythmus und Pianotupfern. Ein sehr schön verträumtes Stück, das die Seele streichelt. Hymnischer mit einem leichten Touch von Mittelalter geht es dann im 7:12minütigen „Chamber Of Sorrows“ zu. Im weiteren Verlauf kommt ein sehr schönes Keyboardsolo auf.

Knapp acht Minuten ist „Make Room! Make Room!“, das von Beginn an mit einem Sequenzerrhythmus ausgestattet ist. Darauf hat sich ein pulsierender Synthsound gesetzt. Hier hat man, durch die Steigerung in der Dynamik, Livefeeling. Auch die Harmoniefolgen gehen schnell ins Ohr. Das hat Pep. Schwebender und spaciger agieren die Beiden dann im 8:18minütigen „The Palace Of Mysteries“, das nach gut zwei Minuten einen sanften Rhythmus und eine Pianomelodie bekommt. Die zum größten Teil bestimmend ist und später von einer Keyboardstimme abgelöst wird.

Leicht experimentell zeigt sich dann das 6:58minütige „Greenhouse“. Und auch das 7:27minütige „Hall Of Memories“ ist eher eine Klangcollage, weil hier die Melodien fehlen. Als Bonus bietet der erste Silberling dann noch das 19:35minütige „Tonraum (Part 1)“ und das 6:45minütige „Imaginary Rooms (Early Rehersal Version)“. Während „Tonraum (Part 1)“ eine surreale Klanglandschaft zeichnet, ist „Imaginary Rooms (Early Rehersal Version)“ eine alternative Version des Eröffnungsstücks“(Please Stop Inside Our) Imaginary Rooms“.

Der zweite Silberling ist ebenfalls randvoll und bietet nochmals sieben Tracks plus drei Bonusstücke. Der erste Track hierauf nennt sich „Deserted Homes“ und ist 8:04 Minuten lang. Hier gehen die beiden Musiker wieder sehr harmonisch und melodiös ans Werk. Dabei steigern sie auch wieder im Verlauf die Dynamik und lassen durch Sequenzer und Gitarrensounds das Ganze in der zweiten Hälfte recht rockig klingen. Das gefällt mir sehr gut.

Nach einem mystischen Beginn entwickelt sich dann aber das 7:55minütige „Men’s Room (...Just Booze And Madness)“, bei dem auch eine Textpassage eingebunden ist, nach gut drei Minuten zu einem tollen Track der sanfte Harmonien und einen akzentuierten Rhythmus miteinander verbindet, auf den dann eine Violinen artige Melodie gelegt wird.

Sanft schwebt dann das 7:38minütige, harmonische „The Temple Of My Blessings“ durch den Raum. „Her Secret Room (Part 2)“ zeigt sanften Sequenzerrhythmen und herrliche Melodien, die im letzten Drittel in einen druckvollen Part wechseln, der mit einer Melodie aufwartet. „Crypt Of Shadows“ bietet schwebende Klangformationen, „Living Space“ wirkt - wie es der Name schon andeutet - recht spacig und das neunminütige „(Back On The) Wide Open Road“ wirkt zunächst recht symphonisch um dann nach gut zwei Minuten in einen hinreißenden Synthpart zu wechseln. Danach folgen noch drei Bonustracks, von denen zwei Frühversionen aus den Proben des Konzertes darstellen.

Michael Brückner und Hans Dieter Schmidt, die als Projekt Bridge To Imla gemeinsam Musik machen, haben völlig Recht, wenn sie sagen, dass das Material zu schade ist, um in der Versenkung zu verschwinden. Die Beiden bieten auf dem Album vielschichtige Elektronik, die mal Klangbilder zeichnet, dann wieder sehr harmonisch und melodiös ist und garnieren das mit spacigen und auch mal rockigen Passagen.

Stephan Schelle, März 2023

 
   

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