Bernd Kistenmacher - Disintegration Im März 2017 erschien das neueste Werk des Berliner Elektronikers Bernd Kistenmacher. Es trägt den Titel „Disintegration“, was soviel wie Zerfall, Auflösung oder Zusammenbruch bedeutet. Im Jahr 1989 veröffentlichte die britische Band The Cure ein Album gleichen Titels, das aber mit dem neuesten Output von Bernd Kistenmacher bis auf den Albumtitel keine Gemeinsamkeiten aufweist. Bernd, der nach einer mehrjährigen Pause seit 2009 wieder aktiv ist, veröffentlicht damit sein sechstes Studioalbum („Let It Out ! + Compressed Fluid“ nicht mitgerechnet) im neuen Jahrtausend. |
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Das
neue Album, das Bernd auf analogen und digitalen Synthesizern eingespielt
hat, ist ein Konzeptwerk in acht Abschnitten. Den ersten Abschnitt stellt
das eröffnende „Disintegrated World“ dar, das in seinen 3:14 Minuten
eine für Bernd Kistenmacher recht düstere Stimmung verbreitet. Es klingt
durch den Einsatz der Sounds recht mystisch und vermittelt den Eindruck
durch eine verlassene Landschaft, die auch noch im Nebel zu liegen scheint,
zu wandeln. Das ist Musik die auch gut in einem Horrorstreifen Verwendung
finden könnte. Dieser erste Track passt gut zum Albumcover. Erst
mit Beendigung dieses ersten Stückes und dem Beginn des nahtlos folgenden
„Lost In Time“ erhellt sich die Stimmung, denn nun kommen
Sequenzerrhythmen sowie herrliche Melodiebögen und Flächen auf. Zwar
bleibt eine gewisse Mystik bestehen doch schafft es Bernd ab hier den Hörer
in seinen neuen Klangkosmos zu ziehen. Das
folgende „Running Backwards“ kann wörtlich genommen werden denn hier
herrscht – nach einem verhaltenen Beginn - „Berliner Schule“ in bester
hypnotischer Form vor. Sich stetig wiederholende Rhythmusformen werden durch
die Aufschichtung von Sounds und Strukturen kombiniert. Das verbreitet den
unwiderstehlichen Charme von Bernd’s Frühwerken. Das knapp dreiminütige
„Sand In The Desert“ wirkt dagegen wie eine schimmernde Fatamorgana mit
seinen flirrenden Sounds und der weiblichen Stimme, die durch den Soundnebel
weht. „Refleting
Ice“, mit seiner Laufzeit von 11:21 Minuten, wirkt dagegen gar nicht so
unterkühlt, wie es der Titel vielleicht suggeriert. Langsam zieht dieses Stück
in den ersten beiden Minuten seine Kreise mit sanften basslastigen
Synthiesounds, die den harmonischen Unterboden darstellen. Danach kommen Flächen
auf und der Rhythmus legt eine Spur zu, so dass jetzt eine relaxte loungige
Atmosphäre entsteht. Das ist Musik, in die man sich gerne fallen lässt und
seinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Stoisch treibt Bernd dieses Stück
über die volle Laufzeit dahin. Sanfte
hohe Klänge erwarten einen dann im 7:20minütigen „On The Edge Of
Existance“, das nach einigen Momenten mit symphonischen Klangfarben
fortgeführt wird. Streichersounds ziehen dabei langsam durch den Äther,
wie Wolkenschleier am Himmel. Dieses Stück vermittelt aus meiner Sicht eine
gewisse orchestral/sakrale Atmosphäre. Das
10:22minütige „Frozen Magic“ zieht in den ersten fünf Minuten recht
nebulös durch den Raum, was an den Klangfarben liegt, die Bernd hier gewählt
hat. Danach kommen Flächen und Klänge auf, die bei mir den Eindruck
erwecken, als würden sie eine Landschaft aus Eiskristallen beschreiben, die
in einer Höhle in allen Farben glänzt. Das wird durch die weiten Flächen
und teils hellen Sounds erzeugt, die immer wieder eingestreut werden. Das
13:39minütige Titelstück bilden dann den Abschluss dieser neuen CD von
Bernd Kistenmacher. Klackende Soundeffekte eröffnen den Titeltrack, der
dann durch Harmonien, die lang gezogen sind, in einen mystisch/erhabenen
Part übergehen. Damit hat er erneut einen Track auf dem Album, in den man
sich fallen lassen kann, auch wenn er nicht in allen Bereichen harmonisch
ausgebaut ist. Zum Ende hin kommen weitere ungewöhnliche Sounds auf, die
dem Stück eine erneute Portion Magie verleihen. Und ab Minute Zehn wird es
dann sogar richtig rhythmisch mit symphonischen Elementen, was diesem Track
einen Soundtrackcharakter verleiht. Mit
„Disintegration“ hält der Berliner Bernd Kistenmacher seinen hohen
Standard, den er seit vielen Jahren innehat, aufrecht. Auch Dieses Werk ist
wieder voller hypnotischer Sounds, Klangfarben und Strukturen und zieht den
Hörer schnell in seinen Bann. Stephan Schelle, August 2017 |
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