Atom TM - 1I3835TRA3UM3
 

Atom TM - 1I3835TRA3UM3
Rather Interesting (2010)
(8 Stücke, 50:00 Minuten Spielzeit)

 

Nach den beiden CDs „Muster“ und „Music Is Better Than Pussy“ (letztere ist Anfang des Jahres erscheinen), legt der Elektronikmusiker Uwe Schmidt alias Atom TM mit dem ungewöhnlichen Titel „1I3835TRA3UM3“ (wenn man den Zahlen Buchstaben zuordnet, dann kann man daraus auch „Liebestraeume“ ableiten) nach. Der Untertitel des Albums lautet (Original Soundtrack), obwohl es sich nicht um einen richtigen Soundtrack handelt. Das Werk ist ein Gesamtkunstwerk, da die Stücke nahtlos ineinander übergehen und somit wie ein ganzer Longtrack wirken.

 


Wie die vorhergehenden CDs hat das neue Werk eine Spielzeit von genau 50 Minuten. Bestanden die letzten Alben fast ausschließlichen aus Rhythmusstrukturen, so erstaunt es, dass Uwe bei dieser Produktion einen Saxophonisten (beim Eröffnungstrack „3x310v3“) zur Unterstützung geholt hat. Allerdings startet dieser erste Track recht sphärisch, mit eher wenig Rhythmus, dafür aber filigran gesetzter Sounds, die wieder mal wie aus dem Experimentierkasten klingen. Allerdings strahlt dieser Track eine unerklärliche Faszination aus und klingt trotz des Experimentiersinns gar nicht so unharmonisch. Das Saxophon setzt bei diesem 18minütigen Stück erst recht spät, nämlich nach 13 Minuten, ein und da entwickeln sich auch Harmonielinien, die man so nicht erwartet hätte. Es entwickelt sich sanfter Track, der jazzig wirkt und stimmungsmäßig in die Schiene „Blade Runner“ passt.

„Notturni No. 1“ ist ein kurzer, knapp über zweiminütiger Track, der wie eine klassische Komposition mit modernsten Instrumenten klingt. Hier kommt dann noch ein pulsierender Rhythmus, wie von einem sich verlangsamten Herzmuskel ins Spiel. „Notturni No. 2“ wirkt hingegen wie experimentelle Theatermusik, hat aber seinen ganz besonderen Reiz. Ein Stilbruch kommt dann mit „Daddy’s Song“, der nach Swing der 20’er Jahre klingt. Hier singt eine weibliche Stimme einen Text, der allerdings wie aus einem alten Radio aufgenommen scheint, so rauscht es und so verzerrt ist die Stimme. Und auch eine männliche Stimme kommt im späteren Verlauf hinzu. Das klingt eher nach einer alten Bandaufnahme, als nach einem Elektronikstück.

In „Vienna“ zaubert Uwe düster wirkende Klangkaskaden aus rauschenden und monoton, ruhig angelegten Synthieklängen, die schier von Effekten unterbrochen werden. Das ist aber wieder sehr experimentell. „Traumsequenz“ ist mit mehr als zehn Minuten wieder ein längeres Stück. Ein elektronischer Grundton (als ob man sich im All befindet oder tatsächlich in einer Traumsequenz), der mit zunehmender Dauer in einen pulsierenden Rhythmus umschlägt, bildet den Unterboden auf dem Uwe eine Pianolinie legt, die recht gefällig klingt. Dieser Sequenzerrhythmus nimmt im Verlauf an Fahrt und Dynamik zu und ist absolut hypnotisierend.

„Notturni No. 3“ ist wieder so ein musikalisches Zwischenspiel, das nach einem Windspiel klingt und wie in „Notturni No. 2“ durch lautere Töne immer mal abrupt unterbrochen wird. Den Abschluss bildet dann „Praha Coda“, das auch eher ruhig dahinschwebt und durch eingestreute Klangtupfer seinen experimentellen Charakter behält.

Von den drei Veröffentlichungen „Muster“, „Music Is Better Than Pussy“ und „1I3835TRA3UM3“ ist das neue Werk eindeutig das eingängigere. Vor allem die Tracks „3x310v3“ und „Traumsequenz“ haben ihre Qualitäten. Allerdings ist das Album immer noch sehr experimentell und nicht leicht zu konsumieren. Vor dem Kauf sollte man unbedingt Probehören.

Stephan Schelle, April 2010

 
   

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