Ambient Circle - Live First New 2009
 

Ambient Circle - Live First New 2009
Eigenvertrieb (2010)
(9 Stücke, 70:20 Minuten Spielzeit)

Bei der ersten Schallwelle-Preisverleihung im März 2009 wurde eine Gruppe von Musikern zum besten Neuling 2008 gewählt, die sich regelmäßig zu Musik-Sessions traf. Auf ein Album konnte dieses vielköpfige Projekt bisher nicht zurückblicken, doch das änderte sich mit dem Gewinn des Preises. Denn neben einer Skulptur war der Preis von der Firma InterDisc mit einer CD-Produktion dotiert. Ein Jahr ist vergangen und rechtzeitig zur Preisverleihung 2009, die am 20.02.2010 in Dinslaken stattfand, präsentierten die Musiker - an der Produktion waren 13 Künstler beteiligt - ihr Debütalbum.

 


Neben mir bisher unbekannten Namen finden sich in dem Projekt auch alte Bekannte, wie Detlef Dominiczak (Wellenfeld), Frank Makowski (Tranquility, Ex-[ramp]) und Wolfgang Barkowski (Alien Nature) wieder. Die CD, die im Jewelcase verpackt ist, beinhaltet ein 16seitiges Booklet, in dem Informationen zu allen Beteiligten enthalten sind. Und noch ein bekannter Name ist im Booklet zu finden. Bernd „Moonbooter“ Scholl hat das Mastering gemacht und sorgte – wie es Thomas Hermann bei der 2009’er Preisverleihung erklärte – für den ausgezeichneten Sound.

Das Cover ziert eine Raumstation und so ist es nicht verwunderlich, dass die Musik auch sehr spacig aus den Boxen quillt. Los geht es mit „Signals From Transquila“, dem mit 12:33 Minuten längstem Stück des Albums, bei dem es zunächst mal aus den Boxen rauscht. Asiatische Gongs oder Klangschalen finden sich mit ein, was zunächst ein sehr mysteriöses Bild zeichnet. Dann kommt aus dem Off ein Brummen, wie von einem Fluggerät und die Synthies stimmen erstmals mit in den Chorus ein. Das hat zunächst erst einmal eine gehörige Portion Ambient, die auf reine Erschaffung von Stimmungsbildern abzielt. Mein Geist pendelt dabei zwischen Zen artigen Landschaften und einer schwebenden Raumstation hin und her. Mehr als drei Minuten dauert es, bis analoge Sounds, bestehend auch harmonischen Flächen, zunächst zaghaft, dann dominanter für getragene Elektronikmusik im Stile der „Berliner Schule“ sorgen. Ab jetzt kann sich der Elektronikfreund entspannt zurücklehnen und in andere Sphären träumen. Nach mehr als Sieben Minuten fängt dann ein pulsierender Rhythmus an die Stimmung zu brechen und lässt das Stück in einen Sequenzer orientierten – aber immer noch ruhigen - Teil übergehen.

„Artropolis (Vinyl Mix)“ beginnt auch gleich mit knistern und einem Knacken, wie von einem Tonarm, der heftig auf eine Vinylscheibe aufsetzt. Dann erklingen herrliche Synthieflächen, deren Harmoniewellen mir den Rücken schmeicheln und die Haare zu Berge stehen lassen. Diese Art von Harmonieträchtigen Ambientklängen ist zwar nicht neu, findet aber immer wieder ihren Weg ins Hirn. Auch hier kommt ein sequenzerartiger Rhythmus nach einiger Zeit ins Spiel und es entwickelt sich ein Track der sich im Eindhover Fahrwasser tummelt. Sehr schön, so liebe ich es. Für mich das erste Highlight.

Es folgen „Tranquilize Me“ ein recht spaciger Track, der im weiteren Verlauf nach Tangerine Dream zur Zeit von „Sorcerer“ angesiedelt ist, „Cool Canyon Breeze“, das zunächst mit einigen Soundeffekten startet, dann langsam voranschreitet und mit einem äußerst ungewöhnlichen Rhythmus unterlegt ist (hat eine eigenartige, wenn auch teils disharmonische Faszination), das Sequenzerstück „Slioch“ (ebenfalls „Berliner Schule“), das mehrfach seinen Stil ändert (lediglich der Grundrhythmus ist die einzige Konstante), das bedrohlich wirkende „Dark City“, das spacige „The Inner Outside“, „Forging The Basement“ das experimentell wirkt, aber durch einen außergewöhnlichen Rhythmus besticht sowie das abschließende „Rise Of The Blimp“, das nach einer ambienten Einleitung Sequenzer bietet, die den Track zwar in die Ecke der „Berliner Schule“ drängen, aber irgendwie auch wieder nicht.

Das Debütalbum von Ambient Circle bietet einiges an neuen Sounds, vermengt mit bekannten Stilmitteln. Die Jungs haben gezeigt, dass sie zu Recht den letztjährigen Preis in der Kategorie „Bester Neuling“ erhalten haben. Die CD ist jedem zu empfehlen der auf guter ambienter Elektronikmusik steht und sollte all denen Anreiz sein, die bisher im stillen Kämmerlein produziert haben. Der nächste Preis für den Neuling des Jahres kommt bestimmt.

Stephan Schelle, Februar 2010

 
   

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