„Live! In Prague“ ist ein Konzertfilm, denn er beginnt nicht wie ein
reiner Konzertmitschnitt mit dem Auftritt der Band sondern schon viel
früher. Es werden zu Beginn Aufnahmen vom Einlass gezeigt, die den
Ostblock, Ende der 80'er Jahre sehr gut widerspiegeln. Da sieht man
Militär und Wohnsilos und auch die Location, in der die Band auftritt,
scheint etwas runtergekommen zu sein. Aber das tut der guten Stimmung
keinen Abbruch. Während die Kamera also auf das Gelände zuschreitet,
werden einige Erklärungen von Copernicus selbst gegeben. Gerade diese
Filmsequenzen wirken so, als ob sie mit einer normalen Videokamera
gemacht wurden. Das hat einen ganz eigenen Charme, so als wenn man ein
Urlaubsvideo drehen würde.
Der Anfang mit dem Einlass des
Publikums ist für meinen Geschmack etwas zu lang geraten. Es wirkt recht
langweilig aus der Sicht des Kameramannes immer wieder neue weibliche
Gesichter einzufangen. Die scheinen es ihm angetan zu haben. Erst nach
gut acht Minuten fängt dann der Konzertmitschnitt richtig an. Im
Splitscreen wird das Geschehen gleichzeitig aus zwei Blickwinkeln
gezeigt (aus der Totalen und von der Seite). Mit dem Stücke „The
Authorities!“ beginnt dann das Konzert zunächst instrumental. Während
des Intros ist die Band noch allein auf der Bühne. Dann kommt der
charismatische Frontmann mit langem weißem Haar, schwarzem Hut und
weißer Sonnenbrille auf die Bühne und beginnt mit seinem Sprachgesang.
Gesang kann man es eigentlich nicht nennen, denn er spricht, schreit und
erzählt seinen Text ins Mikro. Dabei wirkt er fast wie ein Schauspieler.
Die Musik selber ist kaum zu
beschreiben. Unterschiedliche Stilarten irgendwo zwischen New Wave und
experimentellem Jazz spielt die Band, während Copernicus selbst, mit
seiner Art die Texte zu rezitieren, die Musik förmlich damit
durchschneidet. Manchmal klingt die Musik dabei auch wie ein totales
Durcheinander. Und doch finden die Musiker immer wieder zu eingängigen
Klängen und Rhythmen zurück.
Copernicus scheint sich gleich schon
im ersten Stück „The Authorities!“ in Ekstase zu singen. So Energie
geladen wie in diesem ersten Track verhält er sich auch während des
ganzen Auftrittes. So schräg, wie dieses erste Stück, so geht es auch
auf der kompletten DVD zu.
Die Musik von Copernicus ist schon
recht speziell und nicht leicht zu konsumieren. Diese DVD ist nur etwas
für Freunde des Außergewöhnlichen. Vor dem Kauf sollte man die Musik
kennen bzw. unbedingt vorher antesten.
Stephan Schelle,
November 2011