Violinen wachsen nicht auf Bäumen
- Leben und Werk von Klaus Schulze (Buch)
Eigenvertrieb / Bandcamp (2020)
(540 Seiten)

Im Jahr 2020 ist das Buch „Violinen wachsen nicht auf Bäumen“ von Olaf Lux im Eigenvertrieb erschienen. Der Untertitel „Leben und Werk von Klaus Schulze“ zeigt schon, dass es sich um eine Biografie über den großen Elektronikpionier und Mitbegründer der „Berliner Schule“ Klaus Schulze handelt. Bisher hat es in deutscher Sprache nur das bereits 1986 erschienen Buch „Klaus Schulze ... eine musikalische Gratwanderung“ gegeben. Seither ist viel passiert und da ist es nur eine Frage der Zeit gewesen bis sich endlich jemand dieses außergewöhnlichen Musikers annimmt und ein Buch in deutscher Sprache veröffentlicht.

Der Buchtitel ist einem Zitat von Klaus Schulze entnommen, der mal gesagt hat: „Ein Synthesizer ist eine Maschine und deshalb kein menschliches Instrument? Das ist Unsinn. (...) Quarze, Kupfer und Kristalle sind genauso natürlich wie Holz, Saiten und Bogen der Violine. Ich meine, eine Gitarre oder eine Violine wächst doch auch nicht auf dem Baum ...“ Recht hat er, denn der Mensch, der diese Instrumente bedient und die Klänge arrangiert, ist schließlich der ausschlaggebende Faktor von Musik.

Olaf Lux hat gut recherchiert und zeichnet das Bild von Klaus Schulze in sehr ansprechender und teils lockerer Form. Dabei konnte er zwar nicht direkt auf den Musiker zugreifen, dafür haben ihn aber zahlreiche Weggefährten von Schulze wie zum Beispiel Robert Schroeder, Harald Grosskopf, Michael Shrieve, Steve Joliffe, Tommy Betzler oder Marian Gold (Alphaville) und auch Moderatoren wie Eckie Stieg und Olaf Zimmermann mit Infos versorgt. Unterstützung bekam Olaf auch von Klaus’ beiden Söhnen Richard und Maximilian.

Man lernt ein wenig den Menschen Klaus Schulze - vor allem aber seine musikalische Laufbahn und Interessen kennen. Von den ersten musikalischen Gehversuchen in Bands wie Les Baron und Psy Free bis hin zur letzten Veröffentlichung, dem 2018’er Album „Silhouettes“ wird keine Phase ausgelassen. Olaf berücksichtigt dabei auch die zahlreichen Kollaborationen bzw. Beteiligungen an Projekten. So erfährt man beispielsweise auch etwas über die Zusammenarbeit mit der japanischen Far East Family Band, dessen 1976’er Album „Parralel World“ von Klaus aufgenommen und abgemischt wurde. Darauf hat er neben dem damaligen Bandmitglied Kitaro auf dem Album auch elektronische Gerätschaften bedient. Ein Kapitel ist auch der Zusammenarbeit mit dem leider zu früh verstorbenen Peter Kuhlmann gewidmet, der besser bekannt ist als Pete Namlook.

Sehr kurzweilig führt Olaf durch das Leben und die musikalische Karriere von Klaus Schulze. Sehr gut gemacht sind dabei auch die im Buch verteilten Exkurse. So ist zum Beispiel ein Exkurs den unterschiedlichen und falschen Schreibweisen von Klaus’ Namen gewidmet, was ein ums andere Mal zum Schmunzeln anregt. In einem anderen Fall widmet sich Olaf in einem Exkurs dem Schweizer Maler Urs Amann, dessen Bilder für die Alben „Irrlicht“, „Cyborg“, „Picture Music“, „Blackdance“ und „Timewind“ genutzt wurden. Auch Klaus’ eigene Label Innovative Communication (IC), INTEAM und Rainhorse kommen zur Sprache.

Darüber hinaus widmet sich Olaf auch den Filmmusiken, die nicht alle Veröffentlicht wurden ausführlich. Dabei beschreibt er auch bei einigen Filmen den Einsatz der Musik anhand einer kurzen Rahmenhandlung. Und das hier ein Kenner am Werk war, erkennt man daran, dass Olaf ein ums andere Mal darauf hinweist, wo sich der Meister in seinen Werken selbst zitiert oder Teile in abgewandelter Form in neue Stücke eingebunden hat.

Olaf hat die Biografie in einem sehr neutralen Ton verfasst und bringt nur einige Male seine eigene Meinung ins Spiel, und zwar immer dann, wenn es angebracht ist. Dies spickt er dann mit Aussagen aus Interviews oder Anekdoten, die ihm beteiligte Musiker und Weggefährten erzählt haben. Der Text ist mit einigen Fotos und vielen Coverabbildungen versehen. Dabei finden sich auch die unterschiedlichsten Covergestaltungen. Abgerundet wird das Buch dann von einigen Originalstimmen von Musikern wie die oben erwähnten, einer umfangreichen Diskografie, die allerdings nur die Titel aufzählt (nicht die Produktnummern und Varianten in verschiednen Ländern). Dafür enthält die Diskografie aber auch Veröffentlichungen der „Dark Side Of The Moog“-Reihe, den ReReleases und der La Vie Electronique-Reihe, den Veröffentlichungen von Alben der Label, an denen Klaus Schulze beteiligt war, sowie die von Klaus produzierten Alben und Remixe.

„Violinen wachsen nicht auf Bäumen“ ist eine sehr ansprechende Würdigung des außergewöhnlichen Elektronikmusikers Klaus Schulze. Es macht deutlich dass Klaus einer, wenn nicht der zeitgenössische Komponist ist, der sich auf seinen umfangreichen Veröffentlichungen immer neu erfunden hat und innovative Klänge geschaffen hat, auf die sich heute viele Musiker berufen. Ist es da ein Wunder dass Musiker wie Steven Wilson sich auf ihn berufen und Fans seiner Musik sind? Das Buch ist ein wahrer Fundus an Informationen und für alle Musikbegeisterten, vor allem aber für Freunde der elektronischen Musik zu empfehlen. Für Fans von Klaus Schulze ist das Buch darüber hinaus ein Muss.

Das Buch gibt es sowohl in einer englischen wie auch in einer deutschen Ausgabe. Mitgeliefert wird das Downloadalbum „Klaustrophilia“ von Michael Brückner, der sieben Tracks („Klaustrophilia Part 1“ bis „Klaustrophilia Part 7“) im Stile des großen Meisters eingespielt hat. Erhältlich ist das Buch nur beim Autor selber über die Internetseite: https://olaflux.bandcamp.com/merch/violinen-wachsen-nicht-auf-b-umen-leben-und-werk-von-klaus-schulze.

Stephan Schelle, Januar 2021


 
 

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