NRZ vom 08.04.2000

 

Ein Rocker kämpft um Recht und Geld

EROC gegen die CD-Industrie (von Heinz W. Arndt)

Mit Grobschnitt schrieb er deutsche Rockgeschichte, seine elektronischen Wolkenreisen sind zeitlos. Als Produzent schob er maßgeblich die Karriere von Phillip Boa an: Joachim H. Ehrig, (48), den alle nur EROC nennen. Heute betreibt er in Breckerfeld bei Hagen ein Studio zum Mastern und Remastern von Tonträgern. Die "Ranch" gilt in der Szene als Topadresse. Nicht auszuschließen, dass sein Name auch in die deutsche Rechtsgeschichte eingeht.

Alles fing damit an, dass der Hagener Anfang der 70er mit der Band "Grobschnitt" ins Profigeschäft wechselte. Die Gruppe ist heute ein Mythos. Von 1970 - ‘89 gaben die Hagener über 1300 Konzerte und veröffentlichten 14 Alben. Zum diesjährigen 30. Bandjubiläum will EROC den dritten Teil der Grobschnitt-Story veröffentlichen - der Clou sind zahlreiche, bislang unveröffentlichte Livetakes.

Parallel zu Grobschnitt veröffentlicht EROC ab 1975 seine elektronischen Wolkenreisen ("EROC 1 – 4"), die sich hervorragend verkaufen und seinen Ruf als genialen Soundbastler festigen. Ab 1983 widmet er sich ganz seiner Produzententätigkeit. "Ich weiß, was die Musiker wollen, wenn sie im Studio stehen. Und ich weiß, worauf ein Produzent für eine optimale Aufnahme zu achten hat." Das Hamburger Spezialistenlabel ‘Repertoire Records’ nimmt EROC unter Vertrag, um sich von ihm die Klassiker der 60er und 70er Jahre digital aufpolieren zu lassen.

Also alles eitel Sonnenschein? "Nicht ganz", murmelt EROC, "denn ab jetzt wird’s ‘ne juristische Kiste." Einen gewissen Galgenhumor kann er sich nicht verkneifen. "Im Grunde war ich immer das Frontschwein - ich habe den Kopf hingehalten und viele haben davon profitiert. Aber diesmal musste ich einfach die Notbremse ziehen!" Es geht um die Klärung von Grundsatzfragen in einem vermeintlich rechtsfreien Raum. In den Zeiten der analogen Musikvermittlung (von 1948 bis in die 80er Jahre) und den darauf beruhenden Verträgen der Künstler mit der Industrie dachte niemand an die digitale Revolution jetzigen Ausmasses. Was Wunder, wenn die Musikbranche die Gelegenheit nicht umgehend beim Schopfe gepackt hätte. Da wurden und werden also die großen Verkaufserfolge aus seligen Vinylzeiten nochmals auf Tonträger gebannt - mit dem Unterschied, dass bei dieser digitalen Weiterverwertung die Gewinnspanne der Industrie geradezu explodierten. Aber: der Künstler geht in der Regel leer aus, wenn nicht freiwillig am Vertrag nachgebessert wird. Und das ist der Knackpunkt.

Im November ’98 wird Eroc Opfer dieser Praxis: "Ohne mein Wissen sind meine LP’s ‚Eroc 1-4‘ als Sublizensierung für CD’s freigegeben worden." Dies ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch nur in den strengen juristischen Grenzen gleicher Nutzungsart. Eroc wandte sich daraufhin an den Berliner Anwalt Prof. Dr. Paul W. Hertin. Der erwirkte beim Landgericht Berlin gegen Motor Music eine einstweilige Verfügung, mit der jegliche Auswertung von Eroc-Werken untersagt wurde. Hertin ist sich als Urheberrechtsexperte seiner Sache sicher: "Da es sich bei der digitalen Auswertung im Vergleich zur Vinyl-LP nicht zuletzt wegen der vielseitig verwendbaren Datenströme um eine neue Nutzungsart handelt, muss die Vergütung der Autoren zwingend angepasst werden." Und der Jurist fügt hinzu: "das von uns angestrebte Urteil wird die Rechte der Musiker nachhaltig stärken." Das sieht Burkhard Rochlitz vom Plattenlabel Universal Music in Hamburg anders. "Für uns handelt es sich bei der CD lediglich um eine technische Weiterentwicklung."

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