Artikel zum Konzert in Neu-Ulm vom 27.10.1977

 

Artikel vom 27.10.1977

Heute "Grobschnitt"

Theatralische Einlagen, Szenen mit Ironie und spontanen Gags, optische Effekte von der Lichtschau bis zum Nebel - und schließlich Rock-Musik: das alles zusammen genommen ist "Grobschnitt", eine Gruppe aus Hagen mit acht Mitgliedern.

"Grobschnitt" gastiert heute, Donnerstag, 27. Oktober um 20 Uhr im Edwin-Scharff-Haus Neu-Ulm. Karten sind an der Abendkasse erhältlich.


Artikel vom 02.11.1977

Ulkige Vögel

Verrückte Rock-Show mit "Grobschnitt" im Edwin-Scharff-Haus

Sie bezeichnen sich als "die ungewöhnlichste und verrückteste Rock-Gruppe der Welt". Wer nun das Konzert von "Grobschnitt" im Edwin-Scharff-Haus erlebt hat, kann zumindest nicht bestreiten, Zeuge einer der verrücktesten Rockdarbietungen gewesen zu sein, die wohl jemals aufgeführt wurden.

Vermutlich wird man auf dem gesamten Welt-Rock-Markt vergeblich nach Vergleichbarem suchen. Der explosive Beginn dieses opern- bis zotenhaften Musik-Märchen-Spektakels ließ die allgemeine Verärgerung über die reichliche Verspätung der Aufführung schlagartig vergessen.

Eingangs tanzte Joachim Ehrig (dr), in skurriler Zauberer-Maskerade, um eine beleuchtete magische Glaskugel und versuchte ein geträumtes Erlebnis herbeizuzitieren, welches sich ausschließlich im Bereich der Töne abspielt. Seine naiv übersteigerte Mimik deckt sich exakt mit der in sattem Brustton vom Tonband abgespielt Sprechrolle. Bei den anfänglichen Mißerfolgen seiner beschwörenden Zauberformeln ertönen Marschmusik, das Deutschlandlied und schließlich die Ansage für die Tagesschau der ARD. Nach diesen gaggeladenen Maßgriffen haben die unglücklichen Fehlleistungen des Magiers, der an eine Karikatur des zerstreuten Professors erinnerte, ein Ende und der Traum von einer aus Tönen bestehenden Welt wird durch die Musiker von "Grobschnitt" in Realität umgemünzt.

Das Arrangement ist mit fast pedantischer Genauigkeit durchgearbeitet. An dynamischen Knalleffekten fehlt es nicht. Ein ständiges Auf und Nieder verhilft dem musikalischen Ablauf zu bunt bewegter Lebendigkeit. Die Attribute dieser explosiven Dynamik sind raffiniert gestaltete Überlagerungen verschiedener Tonblöcke, beredte Instrumentaldialoge und sauberes Dualspiel. Dazu setzt das Schlagzeug sowohl betont harte, als auch sensible feine Akzente.

Rhythmusgitarrist und Leadsänger Stefan Danielak bestach zwar mit seiner markigen, ausdrucksstarken Stimme, hatte aber in den hohen Tonbereichen deutlich erkennbare Schwierigkeiten.

Die Akteure arbeiten mit immensem Aufwand. Bengalisches Feuer, Magnesiumblitze, Feuer und Nebel, ständig wechselnde, grotesk anmutende Kostümierung und eine mit allen Finessen gesteuerte Scheinwerferanlage lassen das quirlige Geschehen zu einer Augenweide werden. Gag wird auf Gag serviert. Das Ganze ist ein ulkgeladener Höllenklamauk.

Angenehm der gestochen klare, beispielhaft ausgesteuerte Sound, dem die hervorragende Akustik des Edwin-Scharff-Hauses sehr zuträglich war.

Welch ulkige Vögel die Mitglieder von "Grobschnitt" sind, zeigen schon die Namen, die sie sich gegenseitig gegeben haben. Schlagzeuger Joachim Ehrig ist "Eroc", und Stefan Danielak (g, voc) das "Wildschwein". "Lupo" nennt man den Sologitarristen Gerd Kühn und der Name "Mist" haftet dem Tastenmann Volker Kahrs an. Auf "Pepe" hört der Bassist Wolfgang Jäger. Das Clown-Unikum Rainer Loskant heißt "Toni Moff Mollo" und die schauspielernden Akteure Ralf Büser und Uwe Giebeler sind "El Blindo" und "Ballermann".

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