Biografie der Brain Metronome Oktober 1977

 

Quer-, Fein- und Grobschnitt

Merkwürdige Gedanken eines Arbeiters über sein Werk

GROBSCHNITT ist die ungewöhnlichste deutsche Rock-Musik-Gruppe

GROBSCHNITT hat man entweder zum Freund oder zum Feind

GROBSCHNITT ist einzigartig auf der ganzen Welt

 

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Mahlzeit!

Auf diesen Seiten wird Ihnen gesagt, was bisher nur Gerücht war.

Wenn Sie von Kanonenschlägen geweckt werden, wenn Ihr Licht flackert und im Radio merkwürdige Kratzgeräusche die Musik zerfetzen, wenn das Wasser aus Ihrer Leitung grün fließt und urplötzlich dichte Nebelschwaden die Blumen in Ihrem Vorgarten zusammensinken lassen, dann ist mit Sicherheit GROBSCHNITT in Ihrer Nähe. Es hätte keinen Zweck, die Polizei zu rufen, diese Gruppe widersetzt sich jeglichen "Normalvorstellungen" und "Vernunftregeln", deswegen lassen Sie‘s am besten bleiben, lassen Sie alles bleiben, es hätte keinen Zweck, wirklich nicht.

GROBSCHNITT - Name einer wilden Horde musizierender Söldner von 1916 aus dem Raum Hagen (Westfalen). Man sagt, die Westfalen seien stur, somit kann aus dieser Gegend überhaupt nichts kommen, was mit dem Rest der deutschen Szene vergleichbar wäre.

GROBSCHNITT - heute eine Gruppe9 in der sich die Härte westfälischer, sächsischer und norddeutscher Holzköpfe vereinigt, die seit 1966 zusammen verschworen sind, die beste Gruppe der Welt zu werden. Die verrückteste sind sie schon längst.

Seit 1970 hat es diese Gemeinschaft geschafft, unter härtesten Bedingungen eine Anlage, einen Musikstil und ein Bühnenprogramm auf die Beine zu stellen, das seinesgleichen sucht. Unter dem Leitsatz "nichts ist uns unmöglich" wird bei GROBSCHNITT gearbeitet wie im Stahlwerk. Das Management, die Anlagereparaturen, das Konstruieren von Geräten, Komponieren und Einstudieren von Bühnengags und Musik, Studioarbeit, all das geschieht zusätzlich zu den Konzerten. Und wer je eine GROBSCHNITT Show erlebte, glaubt es nicht, daß diese Leute gemeinsam 5 Tonnen Anlage schleppen und aufbauen müssen, egal ob Gitarrist oder Drummer, bevor sie auf der Bühne die "Sau loslassen" können. Und nach dem Konzert das gleiche nochmal, denn Sklaven gibt es nicht bei GROBSCHNITT, auch keine Hascher.

Dafür jedoch Arbeiter der härtesten Sorte, die zu den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten im Einsatz sind und sich schon allein deshalb nichts darauf einbilden, "Musiker" genannt zu werden. Es macht ihnen einfach einen Riesenspaß, zu leben und GROBSCHNITT sein zu dürfen. Finanziell leben sie am Rande des Existenzminimums, denn jeder Pfenning wird in die Gruppe investiert; über allem (auch privat) steht der Wille, die Sache weiterzuführen.

Im Grunde sind sie sehr individuell und sensibel, die 8 Mitglieder dieses Haufens. Sie wohnen nicht zusammen, hassen Rauschgift, sitzen jedoch auch gern zusammen beim Bier und halten überhaupt nichts von Gewalt und Kraftmeierei, allerdings genausowenig von intellektuellem Geschwafel. Wenn's um die Gruppe geht, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Jeder Auftritt ist für sie eine Schlacht, die gewonnen werden muß. Wer einmal die beiden mausgrauen Autos durch die Stadt rasen sah, aus deren Fenstern schwingende Fäuste, Masken, Schreckschußpistolen, Messer, Dolche und wildes Geschrei die arglosen Passanten erfreuen, weiß, daß GROBSCHNITT ein unzähmbares Monster ist, wenn es gilt, die Gunst des Publikums zu erobern.

Und erobert wird. Jedes Mitglied hat eine Deutschlandkarte zuhause, auf der Fähnchen gesteckt werden. Seit Anfang 1972 sind es 170. Davon ein Lied singen können (wenn sie könnten) auch einige sogenannte deutsche "Spitzengruppen", die das Vergnügen hatten, zusammen mit GROBSCHNITT auf einer Bühne zu stehen. Dabei hatte GROBSCHNITT stets nur das Bestreben, das Publikum für die "großen Gruppen" anzuheizen, damit diese dann besser ankommen.

Dafür ist den "tollen 8 aus Hagen" jedes Mittel recht. Völlig entgegen der üblichen lächerlich ernsthaften Musiziererei veranstaltet GROBSCHNITT einen Höllenklamauk auf der Bühne, der den Zuschauern und den Mitgliedern selbst oft vor Lachen die Tränen in die Augen treibt. Jeder scheint jeden zu überraschen mit unvorhergesehenen Gags - die Weltmeister im Improvisieren von Spaß - GROBSCHNITT ist das Natürlichste, was man je sah in der "Rock-Szene".

Das Konzert läuft fast ab wie ein Film. Theatralische Einlagen und Szenen voller Ironie wechseln ab mit spontanen Gags und einer Anzahl ausgereifter musikalischer Kompositionen, die internationalen Gruppen den Rang ablaufen. Eine gewaltige Lichtanlage (natürlich auch selbstgebaut) begleitet die Show, für deren reibungslosen Ablauf die Gruppe ein eigenes Kraftwerk mit sich führen muß. Optische Effekte wie Nebel, Feuer und Schnee gehören ebenso fest zum Programm wie unverhoffte Einspielungen vom Tonband. Das leicht blasphemisch anmutende "Schauspiel" AM ÖLBERG erschüttert bereits seit 1972 die Grundfugen des religiösen Denkens in Deutschland, während SAHARA SHOW mehr die Zwerchfelle der Zuschauer erschüttert.

Mit ihrem neuen Album "Jumbo" beweist die Gruppe, daß sie musikalisch zu halten weiß, was sie optisch verspricht. Eine LP von solch kompositorischer Vielfalt, technischer Perfektion und absoluter Klangfülle hat der deutsche Markt bisher noch nicht hervorgebracht. Die Musik ist klar und einfach und dennoch anspruchsvoll und unwahrscheinlich raffiniert gemacht. Dieses Album zeigt dem Ausland, daß auch die anspruchsvolle "Rock-Musik" in Deutschland mit der legendären Wertarbeit gehandhabt werden kann.

GROBSCHNITT gehört zur kleinen Spitze der deutschen Gruppen. Daß die Gruppe bisher von den Medien fast totgeschwiegen wurde, kommt lediglich von der Unfähigkeit, einen GROBSCHNITT-Auftritt mit Worten oder Kommentaren auch nur annähernd wiederzugeben. Man muß das Ganze (denn nur so kann man es bezeichnen) einmal miterlebt haben, um zu wissen, was für einen Propheten im eigenen Lande es da gibt. Erzählen kann man hinterher kaum was, höchstens jedem empfehlen, selbst ein GROBSCHNITT-Spektakel zu besuchen.

Die Gruppe bevorzugt außerdem nur kleinere Hallen und Säle, denn dort ist die Atmosphäre besser und der Kontakt zum Publikum intensiver als in den monströsen Musentempeln. In die "Provinz" jedoch verirrt sich das Groß der Berichterstatter selten, zumal man gehört hat, daß die GROBSCHNITT's den Reportern meist was vom "Pferd" erzählen und bei Rundfunkinterviews dank ihres kräftigen Gesangs schon einige Senderöhren zerschossen. Und wenn sie könnten, würden sie auf ihren LP's auch noch kleine Sprengsätze montieren, die zünden, sobald die Nadel die letzte Rille erreicht.

GROBSCHNITT ist einmalig - und möchte allein stehen, mit sich und dem Publikum - und an der Spitze einer deutschen Rock-Szene, die es gar nicht gibt.

GROBSCHNITT wird dafür sorgen, daß alle Musiker dieser Welt eines Tages ein Syndikat bilden müssen, um die Verrückten aus Hagen endlich auf den Mond zu schießen, doch das wird ein Schuß nach hinten sein, denn GROBSCHNITT wird den gesamten Mond umbauen zu einer Riesenbühne, die dann vor die Erde gesetzt wird und zu rotieren beginnt und alles in einem Riesenspaßtrubel durcheinanderwirbelt.

 

Details zu den Details von GROBSCHNITT:

EROC (Joachim H. Ehrig): geboren am 15.11.51 in Weimar, Skorpion und somit Giftstachel der Gruppe. Notorisches Arbeitstier und pedantischer Perfektionist, leidend an der Geisteskrankheit "Intelligenzia" deswegen Ideenlieferant und sarkastisches Zentrum des GROBSCHNITT-Kulturgutes. Seit 1966 Schlagzeuger, Elektroniker, Tontechniker, Chemielaborant, Chefroadie und noch'n paar mehr. Kommandiert gern, weiß aber meist auch genau, was er will. In 4-jähriger Sisyphus-Arbeit machte er eine LP im Playbackverfahren (EROC), die genau so unglaublich ist wie die GROBSCHNITT-Lichtanlage die er baute, oder dieses Info, das er binnen einer Stunde in die Maschine donnerte. Er ist ein äußerst sensibler Individualist, der rot wird, wenn ein Mädchen ihn anspricht. Seiner Schizophrenie ist er sich völlig bewußt und mußte deswegen auch nicht zur Bundeswehr.

WILDSCHWEIN (Stefan Danielak): Stimmgewaltiger Sänger und Rhythmusgitarrist. Mittlerweile 24 Jahre alt geworden und stolzer Vater eines Sohnes. Einziges verheiratetes Mitglied der Gruppe und menschlich der "ruhende Pol", stets bemüht, den Laden zusammenzuhalten. Ebenso Perfektionist wie EROC, doch andererseits viel phantasieloser, behäbiger und ruhiger. Schätzt gutes Bier gleichermaßen wie gutes Essen, gibt gern viel Luft von sich, nicht nur beim Singen, und ist auch sonst ziemlich extrovertiert. Sein körperlicher Umfang spiegelt ein falsches Bild der sozialen Situation der Gruppe wider, was aber nicht wesentlich ist. Er ist gelernter Finanzbeamter, gottseidank gab er das 1971 auf und geht nur noch gelegentlich auf den Bau arbeiten, wenn es mit den Gagen mal besonders beschissen aussieht. Er würde sein Leben für die Gruppe geben.

LUPO (Gerd O. Kühn): Mit 26 Jahren der Senior der Gruppe, zusammen mit EROC und WILDSCHWEIN gründendes Mitglied von 1966. Waage und deswegen manchmal etwas lahm, aber ansonsten recht zügig auf der Sologitarre und beim Management, das er ausschließlich handhabt, was ihn ab und zu ziemlich aufreibt, ihn aber somit auch auf einem gewissen Stand geistiger Regung hält. Er ist sehr sensibel und empfindsam, ähnlich wie EROC, doch andererseits eitel und deswegen bemüht, alle seine Fehler zu verstecken. Vielleicht hält er Empfindsamkeit für einen Fehler und mutet deswegen oft so nüchtern und kalt an. Auf der Bühne erinnert sein Aussehen etwas an einen Pop-Star. Er braucht das und wir möchten ihm dieses Vergnügen nicht nehmen. In Sachen Gruppe ist er ein fanatischer Arbeiter, er hat sein Leben der Bühne gewidmet.

MIST (Volker Kahrs): 24, Stier, Dickkopf norddeutscher Machart Eines der später hinzugekommenen Mitglieder, seit 1972 dabei. Stammt aus Osterholz-Scharmbeck und legt Wert darauf, spielt auf den Tasten seit seinem 10. Lebensjahr. Er ist Künstler und fühlt sich somit in der Gruppe stets frustriert, weswegen er immer neue Ideen produziert und somit dem Ganzen dienlich ist. Starker Individualist, sitzt nächtelang in seinem Atelier und malt surrealistische Bilder von einer eigentümlich bedrückenden Schönheit. Das Studieren gab er auf, um sich dem Hungern - pardon - der Gruppe zu widmen. Er ärgert sich bestimmt, daß ich so offen über ihn hier schreibe, aber es wird ihn sicherlich freuen, daß ich seine Malerei lobe. Tue ich doch gern, Misti, denn sie ist wirklich gut.

PEPE (Wolfgang Jäger): 22, Widder, in puncto Musik der Benjamin der Gruppe, denn er ersetzt seit April 1975 den ehemaligen Bassisten "Bär", der es vorzog, sich zu verziehen zwecks Studium. Pepe ist ein unheimlich lieber Mensch und einer der größten Beweise, daß Bassisten naive Leute sind, was kein negatives Werturteil sein soll. Er freut sich, zu leben und nun bei GROBSCHNITT spielen zu können. Wir hoffen, ihn demnächst völlig auf unsere Seite zu bekommen und ihm das gelegentliche "Haschen" endgültig abzugewöhnen. Pepe ist ein Mensch, der lachen kann und viel singt. Er ist ehrlich und würde mit jedem sein letztes Brot teilen. Ebenso seinen roten Motorroller, der immer angeschoben werden muß und Pepe samt Pudelmütze, Freundin und Gitarrenkoffer zu den Übungsabenden trägt.

TONI MOFF MOLLO (Rainer Loskand): 21, das absolute Unikum der Gruppe. Seine Aufgabe, die Lightshow zu bedienen, ist für ihn der "ernste" INHALT bei GROBSCHNITT, hauptsächlich für ihn ist jedoch das Vertreten seines "Lebeflsinhalts" auf der Bühne: des Spaßes. Er ist zwar sehr sensibel, aber auch sehr selbstbewußt und fürchtet sich vor niemandem und nichts. Er ist stets Hans Dampf in allen Gassen, erschreckt, verulkt und parodiert Gott und die Welt und sich selbst. Er hat den gewichtigsten Anteil am Klamauk von GROBSCHNITT und würde am liebsten eine Rutschbahn vom Kölner Dom abwärts bauen, falls er das Geld dafür hätte. Sein Traum ist Disneyland, doch vor lauter Gags und Ideen hat er kaum Zeit zum Träumen. Er ist er und es ist sein Leben, das er lebt. Er würde F.J. Strauß lächelnd eine Straußenfeder in die Hose stecken, wenn es der Gruppe nützen würde.

EL BLINDO (Ralf Büser): 19, ein typischer Arbeiter. Liebt Rocker und Chopper und würde selbst gern eine Harley-Davidson fahren. Fährt momentan jedoch "nur"" den "Frankenstein" (Personentransport GR0BSCHNITT) und freut sich auch so. Er baut kräftig auf und ab und kümmert sich um die Stromanschlüsse. Täglich mampft er 6 Koteletts falls welche da sind, weswegen Toni ihm den Namen "Balligruh" verpaßte. Sein lautes Organ beim Kommandieren des Auf- und Abbauens trug ihm zusätzlich noch die Bezeichnung "Hochofen" ein. Er ist an sich ein sehr verträglicher Mensch, der die wildesten Flüche losläßt und eine Eisenkette um den Bauch trägt, mit der er um sich schlägt, wenn es jemand vagen sollte, den "Frankenstein" an der Fahrt zu hindern. Ohne ihn hätten die Anderen bei uns schon lange Arme vom vielen Schleppen.

BALLERMNN (Uwe Giebeler): 18, typischer Löwe, redet gern und viel, ist sehr rund (fast wie ein Ball, aber auch wie Wildschwein) und säuft ebenso gern. Macht jeden Spaß sofort mit und ist ungeheuer lebendig. Er ist sehr intelligent (wie alle Löwen), andererseits ebenso kindlich, was ein eigenartiges Charakterbild ergibt. Daß er wegen der Gruppe oft die Schule geschwänzt hat, solle ich lieber nicht schreiben, meint er. Okay, Balli, ich tu's nicht. Zusammen mit Toni und Blindo bildet er innerhalb von GROBSCHNITT die (Anti-)Gruppe in der Gruppe. Sie nennen sich die "Schmirgelfires" und haben sich den absoluten Jux auf die Fahnen geschrieben. Ballermann ist der Assistent von Blindo und die rechte Hand von Toni, und wenn die 3 geschlossen agieren, haben die anderen 5 nicht mehr viel zu lachen. Oder vielleicht doch...?

Diese 8 Leute machen "es"... aber aus Leibeskräften, wohlgemerkt!

Wer's nicht glaubt, schaue sich's an. Wem's nicht paßt, der gehe lieber.

Die Plattenergüsse in ihrer chronologischen Reihenfolge:

Rockpommel's Land (Brain 60.041)
Grobschnitt                 (Brain 1008)
Ballermann                 (Brain 2/1050)
Jumbo                         (Brain 1076)
Jumbo (deutsch)        (Brain 1081)
EROC                         (Brain 1069)

Oktober 1977

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