Hagen. Es mögen inzwischen viele Hunderttausende von
jungen Musikfans gewesen sein, die Grobschnitt bei ihren Konzerten begeistert zugejubelt
haben, und nicht viel weniger Plattenkäufer sind es, die eine Grobschnitt-LP zu Hause im
Plattenschrank stehen haben. Diese zahllosen Fans haben die Hagener Rockgruppe zu dem
gemacht, was sie heute ist: eine der erfolgreichsten deutschen Rockbands.
Die Erfolgsliste von Grobschnitt ist lang: elf Langspielplatten wurden
in den letzten zehn Jahren veröffentlicht und jedes Jahr eine ausgedehnte Tournee
unternommen. Unzählige Rundfunk- und Fernsehauftritte fanden statt. Musikzeitschriften
wählten die Band zur beliebtesten des Jahres 1978. Und - eine Sensation für die damalige
Musikszene - der "Rockpalast", wichtigste TV-Rock-Sendung in unserem Land,
wählte eine deutsche Gruppe, nämlich Grobschnitt, zur beliebtesten Rockpalastgruppe.
Doch Grobschnitt ist nicht nur eine der erfolgreichsten, sondern auch
eine der beständigsten Gruppen. In den vielen Jahren ihres Bestehens (die Gründung fand
1970 statt) wechselten die Musiker nur selten. Von Anfang an dabei waren Lupo (mit
bürgerlichem Namen Gerd Otto Kühn), Gitarrist und Manager der Band, Sänger und
Gitarrist Willi Wildschwein und Schlagzeuger Eroc. Viele Jahre lang dabei war auch Volker
Mist, ein Keyboarder aus Bremen, der die Gruppe erst kürzlich verließ und von Jürgen
Kramer ersetzt wurde. Der Mann am Baß hieß lange Zeit "Popo" Jäger. Er
trennte sich jedoch von Grobschnitt und spielt heute bei Extrabreit, den Stars der
"Neuen Deutschen Welle". Für Popo kam Milla Kapolke dazu, der vorher schon in
der hiesigen Musikszene als Sänger und Bassist von Green bekannt war.
Kein Musiker, und doch sehr wichtig für die Gruppe ist Franz, der
grad. Toningenieur, der sich um den Sound der Band kümmert. Technischer Direktor ist
Ballermann, der aber keineswegs nur immer im Verborgenen arbeitet: bei der Bühnenshow der
Gruppe mischt er kräftig mit. Und last not least ist da noch Toni Moff Mollo, der als
Kistenschlepper bei Grobschnitt anfing, dann Publikumsliebling wurde als Ernie im
Rock-Opus "Rockpommels Land" und der schließlich heute als Sänger in Erscheinung
tritt.
Grobschnitt gab es noch nicht lange, da fiel die Gruppe bereits auf
durch ihre Bühnenshow. Ihre ungewöhnlichen Gags wurden zum Markenzeichen. Das
Musikmagazin POP schrieb über das Bühnenspektakel:
" ... eine monströse, dreistündige Freak-Klamotte, die
ihresgleichen sucht und durch Rock-Show, Theater, Pantomime, ZDF-Hitparade und Klapsmühle
dem Publikum Freudentränen in die Augen jagt..." Nicht selten findet man die gesamte
Roadcrew in wilder Kostümierung auf der Bühne.
Das musikalische Aushängeschild von Grobschnitt ist das
Instrumentalstück "Solar-Music", eine Komposition, die die Gruppe immer wieder
in anderen Versionen spielt, oft länger als eine halbe Stunde lang. Die sich steigernde,
klassische Rock-Hymne wurde bei vielen Auftritten eindrucksvoll mit einem riesigen
Funkenregen optisch untermalt.
Eine der erfolgreichsten Platten ist das Album
"Rockpommels-Land", das 1977 erschien und an einem durchgängigen Konzept
orientiert ist: es wird ein Rock-Märchen erzählt, in dem der Junge Ernie träumend aus
dem grauen Alltag entflieht und sich mit Hilfe eines Marabus auf eine abenteuerliche Reise
begibt, bis er sein Glück in Rockpommels-Land findet. Bei über 100 Auftritten spielte
Toni Moff Mollo den Ernie und wurde vom Publikum begeistert gefeiert.
Ein erneuter Höhepunkt in der Karriere Grobschnitts war 1981 die
Herbsttournee mit der LP "Illegal". Dreieinhalb Stunden lang ließen sich die
Fans in den größten Hallen fesseln von einem Programm, daß neben Rockmusik wie immer
auch eine Menge Show und Klamauk bot. Toni Moff Mollo trat diesmal als Zahnarzt "Dr.
Salzmann" in Aktion und malträtierte seine Patienten mit einem riesigen Bohrer. Die
passende Geräuschkulisse eines Preßluftbohrers lieferte das Tonband . . . In einer
anderen Szene fährt Toni unter schrecklichem Motorgetöse mit einem Motorrad auf die
Bühne. Man sieht förmlich seinen Schal im starken Fahrtwind flattern . . . oder ist das
nur ein Draht?! - Auf jeden Fall gehen Grobschnitt nie die Ideen aus, wenn es um lustige
und ausgefallene Bühnenshow geht.
Die gelungene Verbindung von Rockmusik und Show ist es denn wohl auch,
die das Erfolgsgeheimnis von Grobschnitt ist. Dadurch bewahrt sich die Gruppe auch heute
noch eine große begeisterte Fan-Gemeinde, obwohl die Zeiten für eine Gruppe schwerer
werden, die nicht in den "Neue-Welle-Trend" hineinpaßt.
Auf der neuesten LP "Razzia", die mit dem Song "Wir
wollen leben" bereits einen großen Hit-Erfolg hat, entwickelt die Gruppe ihren
musikalischen Stil weiter und bringt manches Neue. Auf die kommende ausgedehnte Tournee
freuen sich Tausende von Grobschnitt-Fans. Eine kleine Sensation ist die Tatsache, daß
diesmal auch ein Auftritt in ihrer Heimatstadt Hagen dabei sein wird, und zwar am 4.
November 1982 in der Stadthalle.