Titel:

Erscheinungsjahr:

 

Illegal

1981

Bestellnr.:

 

 

LP: Brain 60365
LP: 32562-1 (Club Edition)
CD: Metronome 837983-2
CD: spv 306022


Seite 1


The Sniffer


5:28


      Seite 2


Joker

4:45
Space-Rider 4:49 Illegal 8:12
Merry Green 8:20 Simple Dimple 4:42
Silent Movie 3:15 Raintime 4:16
 

Besetzung:

Eroc
(Joachim Ehrig)
Schlagzeug, elektronische Effekte
Lupo
(Gerd-Otto Kühn)
Sologitarre, akustische Gitarre
Milla Kapolke Baß, akustische Gitarre
Mist
(Volker Kahrs)
Keyboards
Toni Moff Mollo
(Rainer Loskand)
Gesang, Perkussion
Wildschwein
(Stefan Danielak)
Gesang,   Gitarre
 

 

Im Herbst 2008 erscheint das Album in einer von Eroc remasterten Version bei revisitedrec/spv. Die CD enthält nicht nur die Originalstücke in einwandfreiem Klang (ich hab das Gefühl, es handelt sich um eine neue Platte, sondern hat auch Bonusmaterial zu bieten. Als Zusatztitel gibt es eine ekstatische, mehr als elfminütige Liverversion vom Stück "Illegal" sowie zwei Alternativversionen von "Silent Movie" und "Raintime". Dazu gibt es ein achtseitiges Booklet mit Linernotes von Eroc.

Diese Version muss man haben.

Eine ausführliche CD-Kritik findet ihr hier

24.11.2008

Text aus der LP Illegal

Nachdem im Februar MILLA KAPOLKE bei uns eingestiegen war, beschlossen wir, unseren Übungsraum von innen abzuschließen. In den folgenden acht Monaten entstand das Material für dieses Album und das Konzept für ein neues Bühnenprogramm. Ab Juli stellte EROC seinen Tonbandkram in den Übungsraum. Damit nahmen wir die Stücke auf.

Wir haben zum ersten Mal ein Jahr lang auf Auftritte verzichtet. Wir haben zum ersten Mal auf Termin- und Tourstreß verzichtet. Draußen brannte die Sonne, drinnen wurde gestritten und gelacht. Der Schweiß floß wie das Bier, wie der Kaffee, wie der Rotwein. Keiner hielt uns eine Stoppuhr unter die Nase. Wir arbeiteten Tag und Nacht und sonntags. Einige um uns verstanden das nicht. Wir verschenkten den Sommer – wir lebten das "Projekt-ILLEGAL". Einer von uns lebt nicht mehr. EL BLINDO starb am 2. Juli 1980. Er war sieben Jahre Roadie bei uns. Wir hatten ihn lieben gelernt. Wir widmen ihm kein Album. Es gibt genug solcher Geschmacklosigkeiten.

Es ist viel passiert in diesem Jahr. Die LP ist kaum eine dreiviertel Stunde lang.

GROBSCHNITT – Dezember 1980

Besprechung der LP "Illegal" 1981 (Musikertreff!)

 


Plattenkritiken:

Aus Maraboo Nr. 3 März 1982

GROBSCHNITT
"illegal"

So, so - acht Monate hat die Hagener Grobschnitt-Truppe also im Studio verbracht, um das neue Opus "Illegal" einzuspielen.

"Wir arbeiten Tag und Nacht, und Sonntags." heißt es im beiliegenden Info, "wir verschenkten den Sommer und lebten das Projekt Illegal".

Das alles suggeriert zunächst folgendes: die haben sich wirklich Gedanken gemacht, vielleicht das gesamte musikalische Konzept überarbeitet, was mir angesichts der insgesamt kränkelnden ‘70iger Deutsch-Rock-Szene (Eloy, Jane, Nektar...) auch übrigens zweckmäßig erscheint. Fehlfarben, Abwärts, DAF - um nur die bekanntesten neuen, kreativen Sprößlinge der "german-szene" zu nennen, lassen den Thron ehemaliger Heroen gehörig wackeln – "time for a change!"

Das Ergebnis monatelanger Studiotüftelei ist niederschmetternd! - Nicht einmal der allerkleinste gedankliche Ansatz läßt sich anhand des neuen Albums erkennen!

Der Gesang von "Wildschwein" ist schlimm wie ehedem, die musikalischen Ergüsse sind noch immer bestimmt von triefenden Keyboardklängen, ein paar überflüssige Effekte dazwischengeschoben, eine knappe Dreiviertelstunde Käse! -

Für die "Güteklasse" der textlichen Auseinandersetzungen soll der Refrain des Titlestücks ein hoffentlich abschreckendes Beispiel geben:

Ich glaube ich hab' die Lampe an/ Ich glaub' ich krieg ‘n Krampf im Darm/ Ich glaub' mich küßt der Kardinal

Mir fehlen die Worte... -


Aus Guckloch Nr. 3 März 1981

Grobschnitt
Illegal
Metronome 0060.365

Tja, es existieren nicht viele deutsche Gruppen, die ein Album dieser Qualität abliefern können, leider. "Illegal" entstand in der 1 ½-jährigen Tourneepause der Band - quasi in Klausurarbeit - und das Resultat ist das erste wirklich befriedigende nach meiner Sicht. Was man in der langen Team-Geschichte Grobschnitt vorwarf, ist mit dieser LP vom Tisch, denn von der ersten bis zur letzten Rille beeindrucken sie durch Einfallsreichtum, musikalisches Gefühl, Gespür für den angemessenen Instrumenteneinsatz und jeweils zur rechten Stelle plazierten Humor oder die aufrichtige Ernsthaftigkeit. Sie benutzen Texte, die mit Nachdruck aussagekräftig sind, pro oder contra Marihuana, Schnüffler etwa oder sie erinnern noch einmal daran, was man mit den Dortmunder Straßenmusikanten übles getrieben hat. Nie zuvor wurde mir auch die Sensibilität der Grobschnitt-Musik so bewußt wie diesmal, man kann tatsächlich jeden Augenblick der Platte nachfühlen. Ursächlich dafür ist die ungemein perfekte Verstrickung diverser Musikformen- und Nuancen: akustische Gitarrenparts, softige – Synthesizer, manchmal harte und rockige Gitarren, treibende Drums, ein wenig Klassik, alles in wunderbaren Harmonien. "Illegal" weist auch eine Bodenständigkeit auf, die andere dt. Bands oft vermissen lassen - hier gibt es keine Vorbilder, hier kann man das Alles-schon-mal-dagewesen Argument vergessen. Grobschnitt Berichte werden in Zukunft kaum noch unter Notizen aus der Provinz erscheinen, da sie zu überzeugend sind, um nur noch an dt. Maßstäben gemessen zu werden - Niveau benötigt keinen Lokalpatriotismus.

H.M.


Aus Musikexpress Nr. 3 März 1981

AUGENBLICKE
Novalis
Ahorn/Teldec 6.24529

ILLEGAL
Grobschnitt
Brain/Metronome
0060.365

Wer auf NDR II Nachrichten hören will und nicht exakt zur vollen Stunde einschaltet, wird seit 1.1.81 mit schwachsinniger Werbung bekleckert. Zum Beispiel mit Hinweisen auf "Die Blaue Lagune" einen Film, der die Inkarnation von Öl, Schmalz, Sülze und Quatsch sein muß. "Hörst du auch die Wellen singen ... Ihre Lieder treiben an den Strand ... Lichter spiegeln sich im Wasser ... Zärtlich in den Armen der Nacht ... Blauschwarze Stille streut einen Zauber ..." Halt, halt liebe Freunde der Schwadenlyrik, jetzt sind wir schon mitten in einen Novalis-Text gerutscht. So fließend sind da die Übergänge. "Trunkene Gefühle tanzen im Rausch", "Eine unangreifbare Weite", "Es riecht nach Muscheln und Tang" und so geht das (neben harmlosen Instrumentals) von Lied zu Lied. Als hätte wer während eines Courths-Maler-Films fuffzig Camel ohne gequalmt, dabei noch Georg Trakl gelesen und aus Versehen ein Fläschchen Irischen Frühlings an den Hals gesetzt. Dann aus aufgeblähtem Kopf: der Super-Rülpser mit obigen Resultaten. Das ist peinlich. Zeit also für einen groben Schnitt.

So denke ich jedenfalls als jemand, der noch nie etwas mit dieser Gruppe zu tun gehabt hat. Die sollen ja die großen Absahner bei Rock-Wahlen und in Konzerten sein. Acht Songs später bin ich informiert und setze Grobschnitt ebenfalls auf Rang eins! Sparte: totale Gesichtslosigkeit. Die sind so glatt, daß man kaum einhaken kann. In jedem Fall - bitte wörtlich nehmen - wabert es, röhrt oder pluppt. Künstlichkeit feiert ein Fest einen "Space-Rider" gibt es (den UFO und Hawkwind schon vor zehn Jahren verschrottet haben) und wir alle werden gefragt: "What is the sense of each and everyone?" So was steht auch immer hinten auf Edeka-Kalendern zu Weihnachten. Aber die Band kann ja ganz, ganz anders, z. B. "Wrrrroouuuummmmmmmmmmmmmmmm..." (jawohl mit 16 "m"!!). Das große Plus dieser LP? Sie wird auch in zwanzig Jahren interessant sein Denn auch dann werden wir noch die "neuen musikalischen Akzente" suchen, die uns das beiliegende Info verspricht. Und versprochen ist versprochen! Es klingelt. Ich schrecke hoch und denke mit Novalis: "Vielleicht war alles nur ein böser Traum".

*(beide) ja