Interview mit dem Baer
 

Bernhard "Baer" Uhlemann hat mir Ende März 2000 die nachfolgend aufgeführten Fragen beantwortet.

Stephan: Die erste Frage bezieht sich auf Deinen Spitznamen. Dein erster Spitzname - habe ich in einem Artikel aus 1972 gelesen - war Urmel. Hat das mit der berühmten Aufführung "Urmel aus dem Eis" von der Augsburger Puppenkiste zu tun?

Baer: Das ist absolut korrekt!

Noch während meines Studiums an der Pädagogischen Hochschule Ruhr wurde mir dieser Name verliehen, weil ich es in erstaunlicher Weise verstand, dieses Lied mit allen Sprachfehlern, Nuancen und Atembetonungen glaubhaft widerzugeben. Dieses geschah meist in der Mensa der Pädagogischen Hochschule, zur größten Freude der Mehrheit der Studentinnen und Studenten.

Damit war natürlich der erste Schritt für meine recht spät entdeckte Vokalbegabung gelegt.

Stephan: Dann nannte man Dich Baer. Wie bist Du dazu gekommen? Liegt es an Deiner großen, kräftigen Statur oder warst Du früher immer etwas knurrig?

Baer: Der Name "Urmel" - oder wie Tante Wutz immer zu sagen pflegte: "Urrrrmeliiiiii" - verfolgte mich auch weiterhin; nicht das naive Gemüt des Jungdrachen störte mich, vielmehr die Vorstellung, einen langen, dicken, grünen Schwanz hinter mir hertragen zu müssen.

Freunde, die mich gut kannten, wollten späteren psychischen Schäden vorbeugen; deshalb nannten sie mich Bär, was aus Gründen einer Individualisierung in BAER verändert wurde; dabei dachten Gutmeinende sicherlich auch an die zurückhaltende, introvertierte, beschauliche und sensible Art, mit der ich mein ganzes Leben gestaltet habe.

Stephan: Nachdem sich die CREW BLUES SESSION 1969 auflöste, hast Du mit Lupo und Felix (Axel Harlos) unter dem Bandnamen CHARING CROSS Musik gemacht. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Kanntet ihr euch bereits aus der Schule?


Baer mit Anke in der Gaststätte "Zur Insel" - nach einer Karnevalsfeier (Februar 2000)

Baer: Lupo und Felix kannten sich bereits aus der Schule. Zur damaligen Zeit hatten sich die CREW-Leute getrennt und Lupo + Felix wollten eine neue Band gründen; zu dem Zeitpunkt bediente ein Hagener Musiker, ich glaube er hieß Masuch - den Bass bei CHARING CROSS.

Ich selber spielte bei der Ennepetaler Band SUPERSTITIOUS BLUES GROUP und kam - durch häufige Auftritte auch in Hagen - in Kontakt zu Lupo + Felix.

Nach einer gemeinsamen Probe in Altenhagen beschlossen wir, als 3-Mann Band mit dem Namen CHARING CROSS (U-Bahn-Station in London) aufzutreten.

Stephan: Wie würdest Du den damaligen Musikstil von CHARING CROSS beschreiben?

Baer: CHARING CROSS war unglaublich gerade, knallhart und extrem laut; man muss sich vorstellen, dass Lupo mit seinem 100-Watt-Marshall absolut beherrschend war - zumindestens was die Lautstärke betraf.

Axel musste gewaltig arbeiten, um gehört zu werden; und auch meine Anlage bedurfte der ständigen Erweitertung.

Die Musikrichtung war eigen, orientierte sich nicht an konkreten Vorbildern; Lupo spielte gradlinige Rhythmus-Sequenzen und wilde Soli, Schlagzeug und Bass bildeten das Rhythmus-Fundament. Dazu sang Lupo in der ihm eigenen Art.

Beliebt wurde die Band sicherlich durch die fetzige Bühnenshow, bekannt wurde sie durch ihren Sieg beim Beat-Festival in Letmathe (organisiert vom seligen Johnny Bernstein).

Stephan: 1970 kam es dann zur Gründung von GROBSCHNITT. Erzähl doch ein wenig darüber.

Baer: Bei der Gründung von Grobschnitt zog CHARING CROSS mit Rest-CREW zusammen, so einfach war das. Übungsraum war die Halle im THG, direkt neben der Ischelandhalle.

Der Anfang erschien mir zäh, viel Disziplin wurde gefordert; auch das Zusammenspiel von zwei Schlagzeugern - dazu noch so unterschiedliche wie Eroc und Felix - benötigte viel Zeit und Training.

Die Gründung selber hat sich in meinen Augen während der Proben vollzogen, beim Üben und Ausprobieren; der Stil entwickelte sich aus dem Spiel, begründet durch Musiker mit unterschiedlichsten Voraussetzungen und Erfahrungen, Vorstellungen und Wünschen.

In diesem Zusammenhang kann man sicherlich auch den Begriff Experiment verwenden, der schlussendlich zur äußerst individuellen Musik von Grobschnitt führte. Übrigens wollte sich die Band "KAPELLE ELIAS GROBSCHNITT" nennen, der lange Name gefiel allerdings der Plattenfirma nicht; deshalb die Kurzform: GROBSCHNITT. In der heutigen Zelt wäre die Band sicherlich kurz und knapp K.E.G. genannt worden.

Stephan: Zwischen 1972 und 1973 legtest Du dann eine musikalische Pause ein. Was war der Grund dafür?

Baer: Die oft inhaltlich falsch dargestellte Pause war eine Zwangspause; Gallensteine, eine entzündete Gallenblase und eine daraus resultierende Hepatitis warfen mich aus dem öffentlichen Leben direkt aufs Krankenbett.

Nach erfolgter Gallenblasen-Operation benötigte ich noch eine gute Auszeit, um körperlich wieder fit zu werden.

Stephan: Auf der Plattenhülle der Ballermann-LP seid ihr alle in ziemlich skurrilem Outfit zu sehen. Wie und wann kam es zu den legendären Bühnenshows?

Baer: GROBSCHNITT war nie eine reine Musikband, aber auch kein Theaterensembel; in meinen Augen war GROBSCHNITT ein prächtiges Beispiel für außergewöhnlich musizierte und gespielte Unterhaltung. Daher entstanden immer farbenprächtigere Bekleidungen für die Bühne und die dazugehörige Show.

Licht, Effekte wie Schnee und Nebel, Feuerwerk und Flammen gehörten immer dazu, die einzelnen Showelemente wurden konsequent ausgebaut.

Ich selber hatte mir - an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an Mama Loskand - immer einen Smoking (mit "Urmel"-Schwanz) gewünscht. Allerdings sollte dieser eine Hose mit schwarz-gelben Streifen und ein Jacket mit schwarzen Punkten auf gelbem Untergrund besitzen. Dazu trug ich die passende Hutbekleidung: eine mehrfarbige Wollmütze und ein Hawaii-Hemd als Weste. Abgerundet wurde diese thematisch in sich geschlossene "Kreation" mit braunen Ledersandalen.

Stephan: Du hast Dich damals auch geschminkt, noch bevor solche Gruppen wie KISS dieses etablierten. Hatte das für Dich eine nähere Bedeutung oder war das der pure Spaß?

Baer: Da sich viele Bande wie Mädels schminkten, habe ich die Schminke so aufgetragen, dass niemals der Verdacht aufkam, ich stände auf der falschen Seite der Geschlechter. Dazu hatte und habe ich die Spezies Mädel noch heute viel zu gern. Der gesamte Eindruck kann sicherlich beschrieben werden mit den Attributen:

bunt, frech, grob, laut, schrill, komisch, merkwürdig, unterhaltend.

Stephan: 1975 hast Du die Band endgültig verlassen. Was war der Grund hierfür?

Baer: Dafür gibt es sicherlich viele Gründe, die innerhalb der Zusammensetzung und im Recht auf Individualität aller Bandmitglieder zu suchen sind:

Ich hätte mir zum damaligen Zeitpunkt

- kürzere Songs (für Radio, TV ) gewünscht,
- eindeutige Hinwendung zu ausschließlich deutschen Texten (Westernhagen, Lage)
- und effektivere Pflege der Bühnenshow (die Band EAV hat dies trefflich verstanden).

Im Frühjahr 1974 hatte ich entschieden, nicht mehr in der Band mitzuarbeiten; ich habe dann Hunter in meiner Wohnung in Letmathe in die Parts am Bass eingearbeitet und mich 1975 von GROBSCHNITT getrennt.

Im selben Jahr habe ich mein Studium wieder aufgenommen und 2 Jahre später erfolgreich als Lehrer abgeschlossen.

Ich begann, mir selber das Gitarrenspielen beizubringen. Hatte ich bislang Bass, Cello und verschiedene Flöten bedient, so übte ich jetzt Fingersätze und Zupftechniken (meine erste Gitarre besitze und spiele ich noch heute).

Stephan: Welchen musikalischen Weg hast Du ab 1975 beschritten?

Baer: Im Beruf als Lehrer für Grundschulen (Klasse 1 bis 4) ist es unwahrscheinlich wertvoll, Musik und Wort für den Unterricht einsetzen zu können; beschränkte sich dies zunächst auf meine jeweilige Schulklasse, kamen dann Aufgaben im Hagener Kinderkarneval dazu.

Als der Kinderliedermacher Rolf Zuckowski Musiker/Lehrer suchte, die für seine Konzerte die Lieder mit den Schulklassen vorab einüben, begann ich mit ersten Arrangements, schrieb eigene Lieder und begann mit meiner neuen Rolle als singender Frontmensch.

Bei den Konzerten mit Rolf lernte ich viel zu den Themen:

- Professionalität,
- ansprechende Darstellung und
- Umgang mit unterschiedlichem Publikum.

1997: Im Stadttheater Hagen präsentiere ich mit der Band EHRLICH das Projekt ROCK ON STAGE: Rock- und Bluesmusik und die entsprechenden Instrumente werden an ausgesuchten Beispielen erläutert, erklärt und musikalisch vorgestellt. Ein bis zum März 2000 dauernder Urheberrechtsstreit verhindert eine weitere, schnelle Vermarktung, erst der Gerichtsbeschluss der Kammer in Bochum am 16.3.2000 erlaubt mir, die begonnenen Kontakte weiterzuverfolgen, das Projekt wieder anzubieten.

Stephan: Zu welchen Musikern aus der GROBSCHNITT-Ära hast Du heute noch Kontakt?

Baer: Intensiven, freundschaftlichen und kreativen Kontakt habe ich heute noch zu

EROC; er ist in der Lage,

- meine Ideen zu produzieren,
- führt meine Gedanken in der Realität aus und
- ist mir wie kein Anderer beim Arrangieren ein optimaler Partner.

Neuer Kontakt bahnt sich zu Volker an, vielleicht werden wir es einmal gemeinsam musikalisch probieren.

Stephan: Du hast 1996 die Produktion "Kinder Kinder ..." unter dem Namen EHRLICH gemacht, an der auch Axel Harlos als Musiker beteiligt war. Erzähl doch etwas darüber.

Baer: 1996 wurde die Kinderhilfsorganisation UNICEF 50 Jahre alt; aufgrund meiner guten Kontakte zum Hause Gebrüder Märklin, Göppingen, wurde ich gefragt, ob ich nicht interessiert wäre, eine Geburtstags-CD für die UNICEF zu produzieren.

Mit dem damaligen Gitarristen von SUPERSTITIOUS BLUES GROUP - Reinhold Bedurke - machte ich mir Gedanken zu diesem sensiblen Thema und es entstanden die 3 Titel:

"Kinder Kinder" / "Verdammte Blagen" / "Autobahn".

Mit dabei waren am Mikrophon und Schlagzeug FELIX und an den Reglern und am Mikrophon EROC; mit ihm zusammen wurde die CD in den Räumen des altwürdigen Woodhause-Studio, Hagen von Sigi Bemm hergestellt.

Stephan: Dann brachtest Du ebenfalls unter dem Namen EHRLICH die CD "Sicher zur Schule" heraus, die unter anderem von der Sparkasse Hagen gesponsert wurde. Was hat es damit auf sich?

Baer: Bei den Konzerten für Rolf Zuckowski fiel mir auf, dass seine Musik (in den 70er Jahren produziert ) nicht mehr dem heutigen Zeitgeschmack der Kinder entspricht: So wurde 1998 mit der Band EHRLICH die CD ...Sicher zur Schule... aufgenommen.

An den Reglern saß wieder einmal Altmeister EROC; Partner dieses Projektes waren die Verkehrswacht und die Sparkasse Hagen.

Die CDs wurden den I-Männchen zum Schulanfang geschenkt

Stephan: Spielst Du heute noch in einer Band?

Baer: Die Band EHRLICH (www.m-projekt.de) hat viele Perspektiven, arbeitet an unterschiedlichen Projekten und bietet ein facettenreiches Gesicht

a) LEISE LIEDER ZUR LAUTE:
60 minütiges Konzert, unplugged, deutsche Texte, präsentiert von:
BAER (Bass, Gesang + Gitarre) und
Anke Anhalt (Akkordeon, Gitarre, Tasteninstrumente)
(Buchungen über: EHRLICH, Wasserloses Tal 62, 58093 Hagen)

b) ZINKBART:
BAER + EROC haben GuteNachtGeschichten und -lieder für Kinder geschrieben, arrangiert und aufgenommen

c) ...MITTEN IM LEBEN...:

D(eutsche) U(nterhaltungs) M(usik):
...HANDY..., ...EURO..., ...VERKEHR MACHT SPASS...
Lieder gespielt und gesungen von BAER + EHRLICH, arrangiert von EROC

d) ...ROCK ON STAGE...
Die Band EHRLICH stellt BEGREIF- und ERFAHRbar Rockmusik, -instrumente und -stilrichtungen vor

Interessierte, Verlage, Medien + Vermarkter wenden sich bitte an:

MEDIA-Projekt, Am Rundblick 10, 58091 Hagen
TeI/Fax: 02337-2200/911818

Stephan: Welche weiteren Projekte wirst Du in Zukunft angehen?

Baer: Zur Zeit steht viel Arbeit an beim Projekt zum Thema: Musik-Cafe / Cafe-Musik; in Kooperation mit der WARSTEINER-Brauerei, dem Bierverlag Schneider und der Gaststätte "ZUR INSEL", Hagen soll ein Konzept für ein Musik-Cafe erstellt werden, dass es Musikern gestattet unplugged zu spielen und dass es Leuten ermöglicht, ihre Musik live zu hören.

Ideen und Vorschläge, Adressen und Tips an:

EHRLICH, Wasserloses Tal 62, 58093 Hagen

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