Es war 1976 auf einer Fete in
Steenfelde, ein kleines Dorf in Ostfriesland zwischen Leer und Papenburg.
Die Fete fand in einem ausrangiertem Reisebus aus den fünfziger Jahren
statt, den einer meiner Freunde auf dem landwirtschaftlichen Grundstück
seiner Eltern stehen und zum „Fetenbus“ umgebaut hatte. Ich war schon
damals Bassist und war ein großer Fan des Rickenbacker-Bass, dessen Sound
ich sehr mochte.
Mein Freund war ebenfalls Musiker und
meinte an diesem Abend irgendwann zu mir: „Hast Du schon einmal etwas von
GROBSCHNITT gehört?“ Ich verneinte, da ich mir im Bezug auf den
Rickenbacker-Sound bis dahin immer LP`s von „Yes“ oder „Renaissance“
besorgt hatte. Die deutschen Gruppen waren mir bis dahin nicht völlig
unbekannt („Jane“, „Epitaph“, „Birth Control“, „Frumpy“ waren schon ein
Begriff aber in den damaligen Tourneeplänen war Ostfriesland seltener zu
finden...).
Jedenfalls legte er an diesem Abend
die damals gerade erschienene LP „Jumbo“ auf den Plattenteller... Was ich
dann hörte, faszinierte mich sofort und das lag nicht nur an dem perfekten
Rickenbacker-Sound. Da war auch noch etwas anderes, etwas dass ich noch
nie zuvor von einer deutschen Band so gehört hatte. Erstklassige
Kompositionen und ich merkte der Band die unkomplizierte Spielfreude
sofort an. Außerdem fand ich die Bemerkung von Lupo („Oh....Scheiße!“)
dermaßen witzig, dass ich sofort wusste, diese Band muss etwas ganz
besonderes sein.
Da ich schon damals ein Riesenfan von
Rory Gallagher war, hatte mich die Gitarrenarbeit von Lupo nicht unbedingt
so sehr fasziniert, diese Meinung hat sich auch bis heute nicht verändert
(abgesehen von den Stücken mit der akustischen Gitarre, die wirklich sehr
gefühlvoll gespielt wurden...). Trotzdem ließ mich die Faszination für
diese Band nicht mehr los. Ich stürmte also die Plattenläden und besorgte
mir alle bis dahin erschienenen LP`s. Gut ein Jahr später kam die Band
dann auf einer ihrer Tourneen direkt in meine Heimatstadt Aurich und ich
war einer der ersten, der sich sofort ein Ticket dafür besorgte. Was ich
dann sah und hörte, werde ich wohl nie im Leben mehr vergessen... so etwas
hatte ich wirklich niemals für möglich gehalten. Eine deutsche Band, die
die damalige Szene völlig umkrempelte und das Publikum in ihre
Wahnsinns-Show mit einbezog.
Man bekam nicht nur tolle Musik zu
hören, sondern bekam auch noch jede Menge zu sehen und zu lachen. Die
Stimmung war unbeschreiblich und spätestens bei „Solar Music“ trat das
ein, was man schon im Vorprogramm vom Tonband erahnen konnte – der Saal
tobte und war nicht mehr zu halten... und das bei den etwas „unterkühlten“
norddeutschen Freaks, die ja eben etwas anders drauf sind, als die
rheinischen „Frohnaturen“!
Von nun an kaufte ich mir jede Platte
und war jedesmal dabei, wenn GROBSCHNITT unsere Gegend unsicher machte -
und wenn ich dafür die 150 km bis nach Bremen düsen musste... vor der
Stadthalle latschte „Popo Hunter“ einmal direkt an mir vorbei.
Es war damals „Freimarkt“ in Bremen,
ein großes Volksfest und die Band hatte wohl vor ihrem Gig dieses Ereignis
besucht. Nun turnten sie vor der Stadthalle herum und hatten
Schwierigkeiten, dort hereinzukommen. Ich konnte beobachten, wie sie über
irgendwelche Absperrungen kletterten, um noch rechtzeitig zur Bühne zu
gelangen...
Da ich zur damaligen Zeit optisch
sehr viel Ähnlichkeit mit Eroc hatte und außerdem noch den gleichen
Vornamen besitze, sowie auch noch ebenfalls Musiker bin, wollte ich Eroc
immer schon einmal persönlich kennen lernen - das hat aber
niemals geklappt. Das sollte sich erst ein Vierteljahrhundert später durch
das Internet realisieren lassen. Ich hätte es damals nie für möglich
gehalten, dass ich heute per E-Mail zu den Musikern, die ich damals
bewundert habe, einmal persönlichen Kontakt bekommen könnte.
Hier der Beweis für die Ähnlichkeit
Als sich GROBSCHNITT 1989 auflöste,
dachte ich erst: „Das war`s dann wohl...!“
Aber mitnichten... durch Eroc`s
Aktivitäten am heimatlichen Mischpult und durch die Internetseiten lebt
die Band weiter... hoffentlich auch in Zukunft! Durch den leider viel zu
früh verstorbenen Rory Gallagher und das Ende von GROBSCHNITT bin ich
heute eigentlich nur noch damit beschäftigt, an diese einmaligen Musiker
durch persönliche Aktivitäten zu erinnern... wenn wir das als Fan`s
weiterhin betreiben und es schaffen, auch die Generation nach uns von der
Einmaligkeit dieser außergewöhnlichen Musiker zu überzeugen, dann gibt es
eine Chance, dass sie nicht vergessen werden...
Joachim Matz, Aurich