7. Betzdorfer Grobschnitt-Treffen (21.05.2005)
     

Bereits zum siebten Mal luden Anke und Markus Grigat zum mittlerweile internationalen Grobschnitt Fantreffen nach Betzdorf ein. Was vor Jahren in einem kleinen Jugendheim mit einer Teilnehmerzahl von ca. 20 Leuten begann, hat sich mittlerweile zu einer renommierten Veranstaltung gemausert, zu der die Anhänger der im Jahr 1989 aufgelösten Hagener Band aus allen Himmelsrichtungen strömen. Ob mit dem Motorrad aus Berlin oder per Combi aus den Niederlanden, sie alle waren extra für diesen Tag angereist, um in alten Erinnerungen zu schwelgen. Und das konnten sie auch nach Herzenslust.

          

Wie schon in den Vorjahren wurde auch dieses Jahr wieder einiges geboten. Neben den ehemaligen Musikern Eroc und dem Baer hatte sich auch der Meister des Mischpultes, Geheimrat Günstig, der bei den Auftritten der Band so viele Male für den guten Sound gesorgt hatte, zu einem Besuch hinreißen lassen. Hier wird auch wieder deutlich, dass neben der Band auch die Roadies und Techniker mit zur großen Grobschnitt-Familie gehörten.

          

Aber nicht nur diese Gäste verschönerten den Tag. Vor allem der Berliner Band ROMIX ist es zu verdanken, dass mal wieder echtes Livefeeling verbreitet wurde. Außerdem hatte der WDR-Rockpalast ein Team nach Betzdorf geschickt um Interviews mit Eroc, dem Baer und den Fans für eine Sendung über Krautrock, die Ende 2005 / Anfang 2006 ausgestrahlt werden soll, zu machen. Und nicht zu vergessen, Frank Jacobs, der sein Projekt, eine Dokumentation über Grobschnitt, vor zwei Jahren begann. Er präsentierte einen gut halbstündigen Ausschnitt seines Werkes.

          

Um 18.00 Uhr war der offizielle Beginn der Veranstaltung in der Stadthalle von Betzdorf. Bis zum Programmbeginn in der Halle selbst, hatten die Anwesenden genügend Zeit sich zu unterhalten, CDs zu kaufen oder Autogramme von Eroc und Baer zu ergattern. Eroc hatte zu diesem Treffen seine brandfrischen, neu von ihm remasterten CDs „Eroc 1“ und „Zwei“ mitgebracht. Die beiden CDs sind nicht nur klanglich aufpoliert worden, sie enthalten darüber hinaus auch noch einige Bonustitel und ausführliche Linernotes. Gut gefiel mir auch die Idee, an Willi und Lupo eine überdimensionale Postkarte zu schicken, auf der sich alle Anwesenden mit Angabe des Wohnortes eintragen konnten. Da wollen wir doch mal sehen, ob die beiden nicht doch hinter ihrem Ofen hervorgelockt werden können und bei einem zukünftigen Treffen mal reinschauen.

          

Dann wurde gegen 20.00 Uhr das Programm mit kurzen Ansprachen von Markus, Eroc und dem Baer eröffnet. Es folgte auf der Großbildleinwand ein Livemitschnitt eines Grobschnittkonzertes vom 24.03.1986 aus dem Alabama in München, das während der Sonnentanz-Tour entstand.

Als nächstes stellte Frank Jacobs seine Dokumentation „Grobschnitt Reloaded“ vor. Wir hatten das außerordentliche Vergnügen gut eine halbe Stunde des noch nicht komplett fertigen Werkes zu bestaunen. In diesem Film, den Frank äußerst liebevoll gestaltet hat, kommen einige der Musiker zu Wort (Eroc, Baer, Mist, Toni, Hunter). In sehr anspruchsvollen Bildern wird die Geschichte der Band von den Musikern selbst in teils sehr humorvollen Worten geschildert. Für diese Präsentation, erntete Frank tosenden Applaus. Baer meinte daraufhin zu Frank, dass er mit dem Film sehr nah am Mythos Grobschnitt dran gewesen sei. Ich selbst halte dies für eine Untertreibung, denn ich bin der Meinung, dass Frank es auf den Punkt gebracht hat und das bestätigte sich auch bei den Gesprächen mit anderen Fans, die förmlich eine Gänsehaut bei dem Film bekommen hatten. Man kann gespannt sein, wie das fertige Werk (evtl. noch bis Ende 2005) als DVD aussehen wird. Für jeden Grobschnitt- und Krautrockfan ist dieser Silberling dann ein absolutes Muss.

           

Geheimrat Günstig hatte am Abend noch einen Auftritt im Hagener Werkhof (dort ist er Tontechniker). Er konnte aber mit einem Kollegen tauschen und sich so abends auf den Weg nach Betzdorf machen um das Feeling dieses Fantreffens aufzusaugen. Von den Fans wurde er entsprechend herzlich aufgenommen. Im Vorraum nahm er sich genug Zeit, mit den Fans zu fachsimpeln.

          

Es folgte mit dem Auszug aus dem Abschiedskonzert in Hagen (04.12.1989) eine weitere Konzertaufnahme von Grobschnitt aus der Konserve bevor sich dann die Band ROMIX aus Berlin anschickte, die Fans live zu rocken. ROMIX, die derzeit aus den Musikern Stefan (Gitarre und Gitarrensynthie), Nils (Bass), Rolf (Schlagzeug) und Thorsten (Gesang und Keyboards) bestehen, begannen gleich mit einer Jam, die aus einem Medley einzelner Grobschnittsongs zusammengebastelt war. Dabei hatten die vier eigene sehr rockige Elemente eingebaut, was mir sehr gut gefiel. Das klang schon sehr viel versprechend und zeigte, was die Jungs musikalisch drauf hatten. Es folgten Klassiker der Band wie z. B. „Der Clown“, „Vater Schmidt’s Wandertag“, „Magic Train“, „Come On People“, „Anywhere“ und natürlich „Solar Music“. Zwar war ihre Version nicht ganz so lang wie die der Bandlegende, aber sie hatte dennoch eine Menge Drive und zeigte wieder wie gut sie ihre Instrumente beherrschen.

         

          

Als Zugabe folgte dann das unwiderstehliche „Sahara“ zu dem die vier in arabisch aussehenden Gewändern auf die Bühne kamen. Auch sonst hatten sie einige kleine Showelemente parat. Bei „Der Clown“ hüpfte Thorsten in ein Clownskostüm, bei „Magic Train“ ließen sie einen surrealistischen bzw. psychedelischen Film, der eine Bahnfahrt zum Inhalt hatte, auf die Leinwand projizieren. Und wie hoch der Spaßfaktor sein kann wenn man überdimensionale Luftballons ins Publikum wirft, konnte man bei "Vater Schmidt's Wandertag" erleben. Bei "Solar" Music" gab es dann noch ein paar kleine feuertechnische Einlagen. Ähnlich wie bei Grobschnitt stellte sich die Band zu den Klängen von der „Symphony“ vor. Es ist wirklich aller Ehren wert, dass die vier aus reinem Idealismus und Spaß an der Freude einen kostenlosen Auftritt absolvieren und dafür bis zum Exzess proben und den Weg von Berlin auf sich nehmen. Das lässt dann auch den einzigen Kritikpunkt in den Hintergrund treten, denn mit Thorstens Gesang komme ich leider immer noch nicht so recht klar (sorry Thorsten). Er ist für mich der einzige Schwachpunkt in dem Quartett. Zwar kann Thorsten singen, seine hohe Stimme passt für meinen Geschmack aber nicht zu den meisten Grobschnitt-Songs. Das wurde besonders bei Titeln wie „Der Clown“ deutlich. Die Jungs setzten zum Ende hin noch einen drauf, denn sie verschenkten!!!!! an die Besucher CDR's mit den Stücken „Come On People“ und "Sahara", die Eroc für sie gemastert hat.

          

         

Nach diesem viel umjubelten Auftritt war dann wieder Grobschnitt aus der Konserve angesagt. Man könnte es mit den Worten aus „Dinner For One“ bezeichnen: „The same procedure as every year“. Denn gegen 24.00 Uhr stand das legendäre 78’er Konzert aus dem Rockpalast auf dem Programm. Dieser Auftritt wurde damals von den Zuschauern besonders honoriert, wurde Grobschnitt doch seinerzeit zum besten Rockpalast-Liveact gekürt. Das Teil kann man sich immer wieder ansehen. Für mich war an dieser Stelle aber Schluss, da es in der Nacht wieder nach Hause ging.

         

Fazit: Das Grobschnitt-Fantreffen ist für mich, wie für viele andere, zu einem festen Termin im Jahr geworden, auf den ich nicht verzichten kann. Wer sich einmal dieser Faszination hingegeben hat, der wird wohl auch beim nächsten Mal wieder dabei sein.

          


Kostenlose CDR von ROMIX

Stephan Schelle, 22.05.2005

 

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